Zehn Romane und ein großes Fest: Anna Mitgutsch wird 70

Linz/Wien (APA) - „Wir haben etwas zu feiern“, heißt es aus dem Stifterhaus. „Erstens, dass in Linz Weltliteratur entstanden ist und weiter ...

Linz/Wien (APA) - „Wir haben etwas zu feiern“, heißt es aus dem Stifterhaus. „Erstens, dass in Linz Weltliteratur entstanden ist und weiter entstehen wird. Zweitens, dass die Schriftstellerin, der wir dieses Faktum zu verdanken haben, siebzig wird: Anna Mitgutsch, Roman-Autorin, Essayistin, Literaturwissenschaftlerin, Übersetzerin.“ Den Geburtstag am 2. Oktober verbringt Mitgutsch also mit einem öffentlichen Fest.

Bei dem von Posthof und Stifterhaus gemeinsam ausgerichteten Abend, „den sie, wie wir hoffen, nicht vergessen wird“, wird der Germanist Günther Höfler die Laudatio halten und durch das Programm führen. „Und Anna Mitgutsch wird uns mit etwas noch Unbekanntem überraschen!“, heißt es in der Ankündigung. Zehn Romane hat die gebürtige Linzerin, die lange abwechselnd in Linz und Boston lebte, bisher geschrieben - von „Die Züchtigung“ (1985) über „Ausgrenzung“ (1989), „Haus der Kindheit“ (2000) oder „Familienfest“ (2003) bis „Die Annäherung“ (2016).

Seit 2014 gibt es in Leonding eine Anna-Mitgutsch-Straße. Die Benennung nach einer lebenden Autorin sorgte damals für einige Diskussionen. „Ob eine Straße nach mir benannt ist oder nicht, gehört nicht zu den Dingen, die mir im Leben wichtig sind“, ließ Mitgutsch damals wissen. Sie würde sich vielmehr wünschen, dass ihre Neuerscheinungen nur halb soviel Echo hervorrufen wie die Straßenbenennung.

Anna Mitgutsch wurde am 2. Oktober 1948 in Linz geboren, wo sie 1967 maturierte. Anschließend studierte sie Germanistik und Anglistik an der Universität Salzburg und promovierte 1974 mit einer Dissertation über englische Lyrik. Als Assistentin und Universitätslehrerin war sie in England, Südkorea, den USA sowie an den Universitäten Salzburg, Innsbruck und Graz tätig. An verschiedenen amerikanischen Universitäten (Oberlin College, Allegheny College, Lafayette College) war sie Writer-in-residence.

Nach zahlreichen Essays und literaturwissenschaftlichen Publikationen zur anglophonen und deutschsprachigen Gegenwartsliteratur erschien 1985 ihr erste Roman „Die Züchtigung“. Herausgefordert durch eine Frage ihrer Tochter erinnert sich eine Frau an die eigene, von Prügel und Dressur geprägte, einsame Kindheit. Seither sind neun weitere Romane erschienen. Die Hauptfiguren ihrer Bücher stehen meist am Schnittpunkt von Geschichte und Gegenwart. In ihnen stehen Gefühle der Zugehörigkeit und der Entfremdung in beständigem Widerstreit.

Neben ihren Grazer Vorlesungen“Erinnern und Erfinden“ sind die beiden Essay-Bände „Die Welt, die Rätsel bleibt“ und „Die Grenzen der Sprache. An den Rändern des Schweigens“ erschienen, letzterer schaffte es 2013 auf die Shortlist für den „Tractatus“-Preis des Philosophicums Lech. Mit „Die Annäherung“ kam sie 2016 auf die Shortlist für den ersten Österreichischer Buchpreis. Zu ihren Auszeichnungen zählen der Anton Wildgans-Preis (1992), der Würdigungspreis für Literatur der Republik Österreich (2000), der Solothurner Literaturpreis (2001) und der Kunstwürdigungspreis der Stadt Linz (2002).

„Schriftstellerin zu werden bedeutete für mich, die Begabung zu haben, allem eine Sprache zu geben, das sonst in Schweigen unterginge“, hat Mitgutsch in einem Essay über „das Ablaufdatum der Literatur“ geschrieben. In einem APA-Interview fasste sie ihr Werk einmal so zusammen: „In allen meinen Büchern geht es letztlich um den Tod.“

(S E R V I C E - „Anna Mitgutsch - Haben Sie das erlebt?“, Fest/Lesung im Stifterhaus, Linz, Adalbert-Stifter-Platz 1: 2.10., 19.30 Uhr, https://www.posthof.at, http://www.anna-mitgutsch.at)