„Werk ohne Autor“: Schillings „schwierige Rolle“, Koch als Ungeheuer
Wien (APA) - In „einer sehr schwierigen, undankbaren Rolle“ fand sich Tom Schilling (36) in Florian Henckel von Donnersmarcks neuem Film „We...
Wien (APA) - In „einer sehr schwierigen, undankbaren Rolle“ fand sich Tom Schilling (36) in Florian Henckel von Donnersmarcks neuem Film „Werk ohne Autor“ wieder. Als introvertierter Künstler Kurt Barnert trifft er auf den von Sebastian Koch (56) gespielten NS-treuen Professor Seeband. Einen Blick auf ihr ungleiches Duell warfen die beiden Schauspieler im Vorfeld der Österreich-Premiere in Wien.
Barnert ist für Schilling „eigentlich eine klassische literarische Figur“, die sehr in sich gekehrt ist. In so einer Konstellation brauche man als Schauspieler auch viel „Vertrauen in die Geschichte“ um einen herum. Die habe ihm Henckel von Donnersmarck jedenfalls vermittelt: „Er weiß wirklich sehr, sehr genau Bescheid, wie der Film aussehen soll und wie die Figuren angelegt sind.“
Der Regisseur habe ihn in der Vorbereitung darin bestärkt, sich mit Kunst zu beschäftigen. In Hamburg habe er daher auch Kunstvorlesungen besucht und sich intensiv mit dem Künstler Andreas Schön ausgetauscht, der die im Film vorkommenden Bilder gemalt hat. Dieser war vormals Assistent von Gerhard Richter, an den die Figur Kurt Barnerts angelehnt ist, weshalb er von der Zeit in Schöns Atelier stark profitiert, sagte Schilling im Gespräch mit der APA.
Wie Barnert sich in einem langen und schmerzhaften Prozess als Künstler selbst findet, ist vielfach auch eine Folge eines von den beiden Hauptfiguren mit so unterschiedlichen Herangehensweisen geführten Konflikts. Mit der Zurückhaltung Barnerts gegenüber Seeband habe er sich auch als Schauspieler mitunter schwergetan, so Schilling: „Ich glaube, er ist fast ein bisschen besessen von diesem Mann, der ja auch so viel mit ihm selber zu tun hat und ihm so ein starker Widersacher, aber auch Widerpart ist“, an dem Barnert letztendlich wachsen könne.
Für Koch ist der Professor, der zu Barnerts Schwiegervater wird, „ein purer Ideologe“, der auch in der DDR seine tief verwurzelten, nationalsozialistischen Ansichten weiter verfolgt. „Der hat erkannt, dass die Regeln im Sozialismus nicht so viel anders sind - und er besteht aus Regeln. Denen vorzuspielen, dass der Kommunismus großartig ist, ist kein Problem für ihn.“ Eine solche „sehr, sehr deutschen Figur, bei der es keinen Millimeter nach links oder nach rechts geht“ zu spielen, habe ihn jedenfalls fasziniert, so Koch.
Der junge Künstler kann sich diesem „tatsächlichen Ungeheuer“ kaum entziehen. Koch: „Ich glaube, man kann sich so jemandem auch nicht entziehen. Das hat fast eine magnetische Wirkung. Ich glaube, wenn der in den Raum kommt, dann sinkt die Temperatur um zwei Grad. Das ist das Faszinierende: Wie stellt man so etwas her? Bei aller Schrecklichkeit hat das eine Brillanz.“ Barnert müsse hier eben „das Eigene entgegensetzen“. Dabei werde klar, wie sehr man selbst danach suchen müsse, was richtig und falsch ist: „Man kann das nicht abgeben, nicht an so jemanden“, sagte Koch.
Was in so einem Fall passiert, bekommt die von Saskia Rosendahl (25) verkörperte Tante des Künstlers zu spüren, als sie von Seeband indirekt in den Tod geschickt wird. Die Tatsache, dass ihre Figur wegen ihrer psychischen Erkrankung „dieses Urteil von einem SS-Arzt bekommt“, habe bei ihr als Schauspielerin dazu geführt, dem „nicht glauben zu wollen“. Sie habe daher eine junge Frau zeigen wollen, „die einfach eine freie Seele ist“ und die „an einem bestimmten Punkt der Wahnsinn ein bisschen einnimmt“.
Für Rosendahl ist „Werk ohne Autor“ auf jeden Fall „ein großes Paket, das man mitbekommt“. Für Koch, der nach „Das Leben der Anderen“ zum zweiten Mal mit Henckel von Donnersmarck zusammenarbeitete, gibt der Film aufgrund seiner ruhigen Handlungsführung dem Zuschauer die Möglichkeit, „in die Gedanken von diesen Menschen hineinzugehen. Das ist etwas ganz Besonderes. Das ist was Kino kann und was ich liebe am Kino.“
(Die Gespräche führte Nikolaus Täuber/APA)