“Todos lo saben“

Oscar-Treffen im Weinberg: Familienfeier mit Geheimnissen

© Thimfilm

Doppel-Oscargewinner Asghar Farhadi verlegt sein Drama „Todos Lo Saben“ in die spanischen Weinberge.

Innsbruck –Familienfeiern sind oft eine komplizierte Angelegenheit. Das ist auch im spanischen Weindorf Torrelaguna nicht anders. Laura kommt mit ihren zwei Kindern zur Hochzeit ihrer Schwester in den Heimatort zurück; ihr südamerikanischer Mann wird erst später dazustoßen. Ein Wiedersehen mit der Familie und ein rauschendes Hochzeitsfest lassen „Todos La Saben“ zunächst bunt, fröhlich und leicht beginnen. Das malerische Weingut des Vaters gehört zwar mittlerweile dem einstigen Angestellten Paco, der Jugendliebe Lauras. Doch böses Blut scheint es zwischen ihnen nicht zu geben.

Doch mit einem Wolkenbruch leitet das Drehbuch dann symbolisch das unerhörte Ereignis der Geschichte ein. Die Teenager-Tochter bekommt zu viel Wein und ist wenig später aus ihrem Zimmer verschwunden. Stattdessen trudeln Erpresser-SMS ein. Die große Familie bemüht sich, Laura beizustehen und vor allem Paco hilft, so gut er kann. Doch Regisseur Asghar Farhadi beschränkt sich bewusst auf die allernotwendigsten Elemente des Entführungsthrillers, der in seinem Familiendrama steckt. Ihm geht es um die Konflikte und Beziehungen, die er mit Hilfe dieses Ereignisses aufbricht.

Damit erfüllt er erneut ein Klischee des iranischen Kinos. Mit „Jodaeiye Nader az Simin – Nader und Simin. Eine Trennung“ 2011 und „Forushande – The Salesman“ 2016 gewann er bereits zweimal den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Nun drehte er zum zweiten Mal außerhalb des Irans und gibt seinem Familiendrama ein südeuropäisches Flair, ähnlich wie schon der iranische Meister Kiarostami in „Certified Copy“.

Das titelgebende „Offene Geheimnis“ im aktuellen Film legt er langsam frei. Als es die Zuschauer erfahren, ist es fast kein Geheimnis mehr. Die theaterhafte Konstruktion des studierten Theaterwissenschafters Farhadi schimmert zuweilen ein wenig durch die lebendige Oberfläche. Das können auch die magnetischen Darstellungen des Ehepaars Cruz-Bardem nicht ganz verhindern. Das zurückhaltend dosierte Thriller-Suspense-Element ermöglicht es Farhadi, das Drama auf wenige Tage zu kondensieren. Ob ein langsames Aufbrechen passender gewesen wäre, bleibt Spekulation. So bekommt „Todos La Saben“ ein gutes Tempo.

Vor dem Hintergrund der pittoresken Landschaft ist der Film durchaus angenehm-spannend. „Todos La Saben“ eröffnete das diesjährige Cannes-Filmfestival. (maw)

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