Joyce DiDonato zu „Les Troyens“: „Die Musik ist einfach irre!“

Wien (APA) - 40 Jahre wurde sie nicht an der Staatsoper gespielt, die „Grand Opera“ mit ihren vier Stunden Musik, ihrem furiosen orchestrale...

Wien (APA) - 40 Jahre wurde sie nicht an der Staatsoper gespielt, die „Grand Opera“ mit ihren vier Stunden Musik, ihrem furiosen orchestralen Farbenreigen und dem epischen antiken Stoff: „Les Troyens“ von Hector Berlioz eröffnet am 14. Oktober den Premierenreigen der Staatsoper. „Die Musik ist einfach irre“, sagt Joyce DiDonato beim Roundtable-Interview.

Die US-Mezzosopranistin wird in der Rolle der Karthager-Königin Didon ihre erste Premiere am Ring absolvieren. „Es ist so viel Drama, wie man sich nur wünschen kann“, schwärmt DiDonato. Das sei zu einem guten Teil auch Regisseur David McVicar zu verdanken, „dem ich absolut vertraue“. Er erzähle die überladene Geschichte in einer visuellen Welt (Bühnenbildnerin ist die britische Künstlerin Es Devlin), die „das reflektiert, was man hört - ich denke, das ist ein echtes Geschenk an das Publikum“. McVicars Regie sei in jedem Moment aus der Musik geboren - „es ist ein Flashback zu Zeffirelli“.

Berlioz‘ in den 1850er Jahren entstandene Oper erzählt zum Großteil die Geschichte von Vergils Aeneis - und das im Monumentalformat: rund 100 Choristen, 85 Orchestermusiker, Statisten, Kinderchor, Ballett und eine riesige Solistenschar. „Wenn man den Umfang bedenkt, ist die Partie für Mezzo eigentlich sehr verträglich geschrieben“, so DiDonato, angesprochen auf die Belastung für ihre Stimme. Die Didon hat sie bisher schon konzertant, aber noch nie auf der Bühne gesungen.

Bei den bisherigen Proben genieße sie vor allem das Miteinander von Regisseur McVicar und Dirigent Alain Altinoglu, „die sich wirklich die Bälle zuwerfen“. Mit der Regie arbeite sie intensiv am emotionalen Strickmuster der Didon. „Sie ist eine unheimlich starke Frau, die von ihrem Volk ehrlich geliebt wird. Nur wenn man diese Liebe versteht, kann man auch begreifen, dass sie bereit sind, für sie zu sterben. Und nur wenn man versteht, wie sehr Didon sich hinauswagt in ihrer Liebe zu Aeneas, kann man begreifen, dass sie nach seinem Betrug auf die dunkle Seite wechselt. Und mit aller Macht die Götter der Unterwelt beschwört.“ Sie selbst sei von der Rolle emotional höchst mitgenommen. „Mir kommen selbst jetzt die Tränen, wenn ich darüber rede“, lacht sie.

Doch auch die immanente politische Aktualität des Stücks - mit den Themen Krieg und Flucht - ist für DiDonato eine wichtige Quelle. „Wir kommen immer wieder zurück zu Krieg. In einer Welt von solcher Instabilität, die in die eine oder andere Richtung gehen kann, empfinde ich es als dringend, solche Geschichten anzuhören und zu sagen: Wir haben die Möglichkeit, dass es nicht soweit kommt.“ Die Oper sei ein gutes Beispiel für die Funktion von Kunst, hellhörig zu machen und zu warnen.

Ein erfreulicher Nebeneffekt von ihrem Engagement in Berlioz‘ Riesenwerk sei die Möglichkeit, Wien endlich besser kennenzulernen, berichtete DiDonato von langen Stadtspaziergängen („Die brauche ich, um das Gewicht der Bäckereien wieder herunterzubekommen!“), Schnitzelessen und Kaffeehaushopping. Bis zum nächsten Einsatz am Ring werde es „hoffentlich nicht wieder zehn Jahre dauern“, wie nach ihrem letzten Auftritt als Rosina in „Il barbiere di Sivigila“ im Jahr 2009.

(S E R V I C E - „Les Troyens“ von Hector Berlioz. Dirigent: Alain Altinoglu, Regie: David McVicar, Bühne: Es Devlin. Mit Brandon Jovanovich, Adam Plachetka, Peter Kellner, Jongmin Park, Joyce DiDonato, Anna Caterina Antonacci. Premiere am 14. Oktober, 16.30 Uhr. Weitere Vorstellungen am 17., 21., 26. Oktober, 1. und 4. November. www.wiener-staatsoper.at)