Sportskanone mit Seltenheitswert
Mit eher zurückhaltendem Limousinen-Look ist der Infiniti Q50 versehen, als Hybrid-Allradler überrascht er aber mit dem Beherrschen einiger dynamischer Disziplinen.
Von Markus Höscheler
Hall i. T. –Kraftvolle Front, langgezogene Motorschnauze, leicht coupéförmiger Dachlinienverlauf und moderater Heckabschluss – die Limousine Q50 erscheint nicht langweilig, aber ein allzu keckes Fahrverhalten würden wir ihr auf den ersten Blick nicht unterstellen wollen. Das liegt zu einem Teil an der blaugrauen Lackierung und zu einem anderen Teil am anfangs bestehenden Unwissen, was die uns zugeteilte Motorisierung anbelangt. Die belehrt uns aber rasch eines Besseren, vor allem eines Schnelleren – nicht nur am Datenblatt. Dort winken uns eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h und eine Beschleunigung von null auf 100 km/h in 5,4 Sekunden. Das Erstgenannte lässt sich in Österreich aus juristischen Gründen, des Verkehrsministers Liebe zu Tempo 140 km/h zum Trotz, nicht wirklich ausprobieren, das Zweitgenannte dann schon eher. In der Tat vermag es das Motorenduo, bestehend aus einem harmonisch agierenden 3,5-Liter-V6-Benziner und einem hilfreichen Elektroaggregat, den beinahe zwei Tonnen schweren Wagen von jeglicher Trägheit rasch zu befreien und rasant zu beschleunigen. Um den Bodenhalt und die Übersicht zu wahren, haben die zuständigen Techniker nicht nur eine Siebenstufenautomatik eingebaut, sondern auch ein Allradsystem.
Eine solche Mischung verspräche eigentlich ein hohes Maß an Kurvendynamik. Dagegen legt aber die Lenkung Widerspruch ein – sie ist zu leichtgängig und zu indirekt ausgelegt, sogar im Sportmodus. Während die Antriebsaggregate harmonisch interagieren und einen Testverbrauch von 8,2 Liter je 100 Kilometer generieren, erinnert uns das Volant immer wieder ans Austarieren. Derweil können wir uns aber mit anderen Bestandteilen des Modells anfreunden, etwa der gediegenen Innenausstattung, die dem höchsten Ausstattungsniveau Sport Tech folgt. Als brauchbare Q50-Reisebegleiter fungieren beheizbare Ledersitze, Aluminium-Elemente, ein Around-View-Monitor, ein Bose-Soundsystem mit 14 Lautsprechern, ein Active-Noise-Control-System, Parksensoren vorne und hinten sowie eine Zweizonen-Klimaautomatik. Geschmackssache ist das elektrische Glas-Schiebedach, verträglich ist jedenfalls das adaptive Fahrwerkssystem DDS (Dynamic Digital Suspension). Für gute Sicht zeichnen LED-Scheinwerfer mit automatischer Niveauregulierung verantwortlich, ein adaptives Kurvenlicht erhöht die Fahrsicherheit.
Beachten muss der Q50-Interessent zudem die Kofferraumgröße: 400 Liter sind in der Mittelklasse eher wenig, für manchen ein, für manche kein Ausschließungsgrund.
Für andere Ausschlüsse sorgt derzeit Infiniti selbst: Die Nissan-Tochter bereinigt derzeit ihr Baureihen- und Motorenprogramm, so dass für das Modelljahr 2019 nur noch der Q50 in der hier getesteten Hybridvariante erhältlich sein wird. Die Kombination aus Allrad und Automatik ist derzeit mit 52.945 Euro eingepreist, der reichhaltige Testwagen wird mit 68.500 Euro bewertet. (hösch)