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Erdogan in Deutschland: Eklat bei Pressekonferenz

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel.
© REUTERS

Ein Journalist wurde vor laufenden Kameras von Sicherheitsleuten abgeführt, weil er ein T-Shirt mit der Aufschrift „Freiheit für Journalisten in der Türkei“ trug.

Berlin – Bei der Pressekonferenz der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Berlin ist es zu einem Zwischenfall gekommen. Ein Mann wurde am Freitag im Kanzleramt in Berlin vor laufenden Kameras abgeführt. Bei dem Mann handelte es sich um den Journalisten Ertugrul Yigit, der ein T-Shirt mit der Aufschrift „Gazetecilere Özgürlük - Freiheit für Journalisten in der Türkei“ trug. Er wurde vor laufenden Kameras von Sicherheitsleuten abgeführt.

Yigit ist Herausgeber der regierungskritischen Onlinezeitung Avrupa Postasi und Autor der Berliner tageszeitung („taz“). Nach seiner Aktion sagte er vor Journalisten, er kämpfe für die Menschenrechte in der Türkei. Auch die Rechte von Journalisten in der Türkei würden mit Füßen getreten.

Yigit hatte sich offiziell für die Pressekonferenz akkreditiert. Er setzte sich unauffällig mit einer Strickjacke bekleidet in die zweite Reihe der Fotografen und machte Aufnahmen. Später zog er die Jacke aus – darunter trug er das T-Shirt mit der Aufschrift. Yigit legte sich auch seine offizielle Akkreditierung wieder um, allerdings hängte er sie sich auf den Rücken, damit die Aufschrift besser zu sehen war.

Nachdem Yigit mit Gesten die Aufmerksamkeit anderer Fotografen auf sich zog, aufstand und seitlich stehend weiter fotografierte, wurden Merkel und Erdogan aufmerksam. Als die Unruhe zunahm, griffen für den Schutz Merkels zuständige Beamte ein. Ein Grund soll auch gewesen sein, dass die für den Schutz Erdogans zuständigen türkischen Sicherheitsbeamten nervös reagiert hätten, hieß es. Die deutschen Sicherheitskräfte hätten befürchtet, die türkischen Kollegen könnten sich auf den Fotografen stürzen. Yigit rief „Ich habe nichts gemacht“, als er aus der Pressekonferenz gebracht wurde. Erdogan lächelte zu dem Vorfall nur.

Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert hat das Vorgehen der Ordner verteidigt. „Wir halten es bei Pressekonferenzen im Kanzleramt wie der Deutsche Bundestag: keine Demonstrationen oder Kundgebungen politischer Anliegen“, erklärte er.

„Das gilt völlig unabhängig davon, ob es sich um ein berechtigtes Anliegen handelt oder nicht“, so Seibert am Freitag in einem Tweet.

Ungewöhnliche Sicherheitskontrollen

Bei Erdogans Staatsbesuch mussten sich Journalisten ungewöhnliche Sicherheitskontrollen gefallen lassen. Ein AFP-Reporter, der für die Pressekonferenz mit Merkel akkreditiert war, wurde am Freitag bei der Sicherheitskontrolle im Gebäude des Bundespresseamts detailliert zu seinen Absichten befragt. So wollte ein Sicherheitsmitarbeiter von dem Journalisten Auskunft darüber, ob dieser eine Frage bei der Pressekonferenz stellen wolle – und wenn ja welche.

Konkret schob der Sicherheitsmitarbeiter dann nach, ob der Journalist etwa auch eine Frage zu den Berichten stellen wolle, wonach „in der Türkei alle Journalisten im Gefängnis sitzen“. Des weiteren wollte er von dem Berichterstatter wissen, ob dieser schon einmal in der Türkei war und ob er es dort wirklich „so schlimm“ fand, „wie in den Medien immer berichtet wird“? Der Sicherheitsmitarbeiter beklagte sich dann darüber, dass immer weniger Deutsche in der Türkei Urlaub machten, weil das Land in den Medien schlecht dargestellt werde.

Derartige Fragen an akkreditierte Journalisten, die an offiziellen Medienveranstaltungen der deutschen Regierung teilnehmen wollen, sind äußerst unüblich. Das Bundespresseamt wurde über den Vorfall informiert, äußerte sich zunächst aber nicht dazu. Der AFP-Reporter nahm schließlich an der Pressekonferenz teil.

Steinwürfe bei spontaner Demonstration

Auch abseits der Pressekonferenz kam es zu einem Zwischenfall in Form einer unangemeldeten Demonstration in Berlin. Vermummte Demonstranten warfen Steine auf die Einsatzkräfte, zwei Polizisten wurden leicht verletzt. Auch wurden ein Wartehäuschen der Verkehrsgesellschaft, mehrere Autos und die Scheiben einer Bank in Kreuzberg beschädigt. Aus der auf etwa 150 Menschen angewachsenen Ansammlung wurden demnach auch Parolen, unter anderem in kurdischer Sprache, gerufen. Die Kundgebung wurde schließlich gestoppt.

Acht Tatverdächtige wurden wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz festgenommen. Zudem beschlagnahmten die Beamten Feuerwerkskörper sowie Fahnen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). (APA/dpa, TT.com)

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