Oberste Richter in Sorge wegen Regierungseinfluss auf Polens Justiz

Karlsruhe/Warschau/Brüssel (APA/dpa) - Das Netzwerk der Präsidenten der Obersten Gerichtshöfe der Europäischen Union sorgt sich um die polni...

Karlsruhe/Warschau/Brüssel (APA/dpa) - Das Netzwerk der Präsidenten der Obersten Gerichtshöfe der Europäischen Union sorgt sich um die polnische Justiz. Wie der Präsident des Netzwerks, Priit Pikamäe aus Estland, am Freitag anlässlich eines Treffens in Deutschland sagte, erneuerten die Obersten Richter ihre Kritik an der Justizreform in Polen.

Anlass zu deutlicher Kritik und fortdauernder Sorge biete nicht nur die Entfernung von Richtern des Obersten Gerichts aus Altersgründen, sondern auch der „wachsende Einfluss der polnischen Regierungskreise auf die polnische Justiz im Ganzen“, hieß es in einer Erklärung des Netzwerks.

An dem Treffen der europäischen Amtskollegen in Karlsruhe nahm auch die von der polnischen Regierung in den Ruhestand geschickte Warschauer Gerichtspräsidentin Malgorzata Gersdorf teil. Aus Sicht des Netzwerks ist die 65-Jährige nach wie vor im Amt.

Auch sie selbst sieht das so: „In meinem Verständnis bin ich die Vorsitzende des Obersten Gerichtes von Polen bis zum Jahr 2020“, sagte sie in Karlsruhe. Sie sei sich aber nicht sicher, ob sie ihre Funktion so lange ausüben könne, weil der polnische Präsident jemanden an ihre Stelle setzen könnte.

In Polen hat die rechtskonservative Regierungspartei PiS das Pensionsalter für Richter am Obersten Gericht von 70 auf 65 Jahre herabgesetzt. Mehr als 20 Richter wurden seit Anfang Juli in den Ruhestand geschickt. Wegen des Gesetzes muss sich Polen nach einer Klage der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verantworten. Das Netzwerk erhofft sich eine rasche Klärung durch das Gericht.