Kavanaugh nahm Hürde - Republikaner will FBI-Untersuchung
Washington (APA/dpa/AFP/Reuters) - Trotz schwerer Missbrauchsvorwürfe gegen Brett Kavanaugh hat die Kandidatur des Richters für den Supreme ...
Washington (APA/dpa/AFP/Reuters) - Trotz schwerer Missbrauchsvorwürfe gegen Brett Kavanaugh hat die Kandidatur des Richters für den Supreme Court der USA eine wichtige Hürde genommen. Der Justizausschuss des US-Senats stimmte am Freitag mit der knappen republikanischen Mehrheit dafür, dem Senat eine Berufung Kavanaughs zu empfehlen. Allerdings sprach sich jener Senator, der den Ausschlag gab, für eine FBI-Untersuchung aus.
Vor der Abstimmung waren alle Blicke auf den Republikaner Jeff Flake gerichtet. Der Senator aus Arizona hatte seine Zustimmung am Freitagvormittag (Ortszeit) angekündigt, wurde dann aber von zwei Frauen, die sich als Missbrauchsopfer zu erkennen gaben, vor laufenden Kameras in die Mangel genommen. Kurz vor der Abstimmung sagte er dann, dass er in dem Fall eine einwöchige FBI-Untersuchung wünsche. Nur dann werde er Kavanaugh im Plenum seine Stimme geben. „Das Land zerreißt es in dieser Frage. Ich glaube, wir sollten eine kurze Pause einlegen“, sagte Flake. Die gemäßigte Republikanerin Lisa Murkowski, die als weitere Wackelkandidatin gilt, signalisierte nach dem Votum Unterstützung für den Vorschlag Flakes.
Der Höchstrichterkandidat ist Vorwürfen ausgesetzt, er habe als junger Mann mehrfach Frauen sexuell belästigt. Am gestrigen Donnerstag sagten sowohl das mutmaßliche Opfer als auch Kavanaugh vor dem Ausschuss aus. Die Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford schilderte im Detail, wie Kavanaugh sie vor 36 Jahren während einer Teenager-Party zu vergewaltigen versucht habe. Der Jurist wies die Vorwürfe bei seiner Anhörung energisch zurück. Trump stärkte ihm daraufhin erneut den Rücken. In den vergangenen Tagen hatten dem Richter noch zwei weitere Frauen sexuelle Übergriffe vorgeworfen.
Im Justizausschuss des US-Senats sitzen elf Republikaner und zehn Demokraten. Die demokratischen Senatoren stimmten dort geschlossen gegen Kavanaugh. Die Republikaner wiederum stellten sich alle hinter den Richter.
Die demokratischen Senatoren hatten bis zuletzt versucht, eine Abstimmung zu Kavanaugh im Justizausschuss am Freitag zu verhindern. Sie forderten, angesichts der schweren Vorwürfe gegen Kavanaugh zunächst weitere Zeugen anzuhören, scheiterten damit aber und kritisierten das Vorgehen der Republikaner scharf. Mehrere demokratische Senatoren verließen aus Protest zeitweise die laufende Ausschusssitzung und besuchten stattdessen eine Demonstration von mehreren hundert Kavanaugh-Gegnern vor dem Senatsgebäude.
Nun richten sich die Augen darauf, ob auch im gesamten Senat eine knappe Mehrheit für Kavanaugh zustande kommt oder ob einzelne Abweichler bei der Republikanern noch dafür sorgen könnten, dass Kavanaughs Ernennung scheitert. Die Republikaner von US-Präsident Donald Trump haben im Senat nur eine hauchdünne Mehrheit. Einzelne republikanische Senatoren haben zu erkennen gegeben, dass ihnen die Missbrauchsvorwürfe zu denken geben, ob Kavanaugh der richtige Kandidat für einen der einflussreichsten Richterposten des Landes ist. Als mögliche Abweichler in den Reihen der Republikaner gelten neben Flake und Murkowski auch die Senatorin Susan Collins.
Sollten die oppositionellen Demokraten im gesamten Senat geschlossen gegen eine Ernennung Kavanaughs stimmen - was als wahrscheinlich gilt - würden zwei Nein-Stimmen der Republikaner reichen, um die Ernennung Kavanaughs zu verhindern. Allerdings ist unklar, ob bei der Abstimmung möglicherweise auch noch einzelne demokratische Senatoren, die sich im November in konservativen Staaten der Wiederwahl stellen müssen, aus der Parteilinie ausscheren und für Kavanaugh stimmen könnten.
Trump hatte Kavanaugh im Juli als Richter für den Supreme Court vorgeschlagen. Kurz vor der Senats-Entscheidung über die Personalie waren die Vorwürfe gegen den Richter publik geworden. Mehrere Frauen beschuldigen ihn sexueller Übergriffe Anfang 80er Jahre.
Am Donnerstag hatte der Justizausschuss des Senats sowohl Kavanaugh zu den Anschuldigungen angehört als auch die Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford, die ihm eine versuchte Vergewaltigung vor mehr als 30 Jahren vorwirft. Ford hatte bei der hochemotionalen Anhörung ihre Anschuldigungen bekräftigt und Kavanaugh damit weiter unter Druck gesetzt. Sie sei sich zu „100 Prozent“ sicher, dass es damals Kavanaugh gewesen sei, der sie Anfang der 80er Jahr am Rande einer Schülerparty attackiert habe, sagte sie dort.
Der Richter hatte sich bei der Anhörung mit einem aufgebrachten Auftritt gegen die Anschuldigungen gewehrt. „Dieser Nominierungsprozess ist zu einer nationalen Schande verkommen, schimpfte Kavanaugh und warf den oppositionellen Demokraten vor, eine politische Kampagne gegen ihn zu fahren. Zum Teil ging er demokratische Senatoren aggressiv an und weichte mehrfach deren bohrenden Nachfragen aus - etwa zu einer möglichen FBI-Untersuchung.
Die Personalie ist Gegenstand einer erbitterten parteipolitischen Auseinandersetzung. Die Demokraten haben große Vorbehalte gegen den erzkonservativen Richter und hatten mit aller Macht versucht, Kavanaughs Bestätigung hinauszuzögern, bis sich nach der Zwischenwahl am 6. November möglicherweise die Mehrheitsverhältnisse im Senat ändern und Kavanaugh verhindert werden könnte.
Die Besetzung des Supreme-Court-Postens ist in den USA ein großes Politikum. Die Nachbesetzung mit Kavanaugh könnte dem obersten Gericht der USA auf viele Jahre ein konservatives Übergewicht geben. Die Richter dort werden auf Lebenszeit ernannt.