Torys schicken Migrantenkind gegen Londoner Bürgermeister ins Rennen

London (APA) - Die britische Metropole London dürfte auch nach der Wahl 2020 ein Einwandererkind aus einer überseeischen Ex-Kolonie als Bürg...

London (APA) - Die britische Metropole London dürfte auch nach der Wahl 2020 ein Einwandererkind aus einer überseeischen Ex-Kolonie als Bürgermeister haben. Die oppositionellen Torys haben am Freitag den afrokaribischen Lokalparlamentarier und Brexit-Befürworter Shaun Bailey (47), dessen Eltern aus Jamaika stammen, als Herausforderer für Labour-Stadtchef Sadiq Khan aufgestellt, dessen Eltern aus Pakistan stammen.

Mit dem aus einfachen Verhältnissen stammenden Bailey dürften die Tories versuchen, traditionelle Anhänger der Labour Party anzusprechen. „Meine Nominierung als jemand, der aus einem Sozialbau in einem der ärmsten Teile Londons stammt, zeigt, dass unsere Stadt ein Ort ist, in dem wirklich alles möglich ist“, sagte der langjährige Sozialarbeiter laut britischen Medienberichten. Der frühere Berater von Premierminister David Cameron hatte sich in einer parteiinternen Vorwahl, an der 7.000 Tory-Mitglieder teilgenommen hatten, gegen zwei Mitbewerber durchgesetzt.

Er wolle die Tradition seiner Eltern fortsetzen, die in den 1950er Jahren nach London gekommen seien und mit ihrer „harten Arbeit“ einen Beitrag für das Land geleistet hätten, sagte der Ex-Berufssoldat. Khan sei ein Bürgermeister, „der seine Versprechen wiederholt gebrochen“ habe und mehr an seinem persönlichen Image interessiert sei als etwa am Kampf gegen Kriminalität oder Wohnungsknappheit, kritisierte Bailey.

London gilt als Labour-Hochburg, hatte aber mit dem charismatischen Querkopf Boris Johnson von 2008 bis 2016 einen konservativen Bürgermeister. Nach dem Wechsel Johnsons in die nationale Politik hatte sich Khan bei der Bürgermeisterwahl 2016 mit 57 Prozent der Stimmen gegen den konservativen Kandidaten Zac Goldsmith durchgesetzt. Khan wurde der erste muslimische Bürgermeister einer europäischen Hauptstadt. Goldsmith war im Wahlkampf vorgeworfen worden, auf Vorurteile gegen Muslime gesetzt zu haben.

Die zunächst hohen Beliebtheitswerte Khans sind heuer deutlich gesunken. Viele Londoner halten ihm die prekäre Wohnungs- und Verkehrssituation in der boomenden Metropole vor. Khan gilt auch als möglicher Nachfolger für Labour-Chef Jeremy Corbyn und Hoffnungsträger des gemäßigten und pro-europäischen Lagers. Als solcher sorgte er kürzlich mit dem Ruf nach einem zweiten Brexit-Referendum für Aufsehen. Die Bewohner Londons hatten beim Referendum im Juni 2016 mit knapp 60 Prozent für den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union gestimmt.