Brasilianische Frauen wollen Bolsonaro als Präsidenten verhindern

Rio de Janeiro (APA) - Brasilianische Frauen machen mobil gegen den rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Jair Messias Bolsonaro. Was al...

Rio de Janeiro (APA) - Brasilianische Frauen machen mobil gegen den rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Jair Messias Bolsonaro. Was als Internetbewegung begann, könnte nun womöglich den Wahlausgang nachhaltig beeinflussen.

Eine Woche vor der Wahl am 7. Oktober hat die Bewegung „Mulheres unidas contra Bolsonaro“, also „Frauen vereint gegen Bolsonaro“, landesweit zu Protestkundgebungen aufgerufen. Geplant sind Demonstrationen in mehr als 20 der 26 Bundesstaaten.

Die Bewegung ist noch jung. Am 30. August tauchten in sozialen Netzwerken erstmals die Hashtags #elenao und #elenunca - übersetzt: „Er nicht“ und „Er niemals“. Er, das ist Jair Messias Bolsonaro, extrem rechter Kandidat der an sich kleinen Partei PSL, aber dennoch zurzeit aussichtsreichster Kandidat im Rennen um die Präsidentschaft.

Seit das oberste Wahlgericht Anfang September dem linken Ex-Präsidenten Luiz Iacio Lula da Silva endgültig die Kandidatur untersagte - Lula ist in zweiter Instanz zu einer zwölfjährigen Haftstrafe wegen Vorteilsnahme verurteilt - liegt Bolsonaro in den Umfragen weit vorne. Zuletzt erreichte er 28 Prozent Zustimmung. Damit dürfte er ziemlich sicher den entscheidenden zweiten Wahlgang erreichen.

Bolsonaro, der sich als Hardliner gibt, Minderheiten marginalisiert, Homosexuelle verhöhnt, Indigene verachtet und die grassierende Gewalt mithilfe des Militärs und noch mehr Gewalt bekämpfen möchte, hat es sich mit den Frauen verscherzt.

Im Parlament kanzelte er einmal die Abgeordnete Maria do Rosario in Ultra-Machomanier ab. Sie habe es nicht einmal verdient, vergewaltigt zu werden. Bolsonaro hält gleiche Löhne für Frauen schlicht für überflüssig. Mit seiner frauenfeindlichen Haltung macht er auch vor der eigenen Familie nicht halt. In einem Interview sagte er einmal, er habe fünf Kinder. Dass darunter auch ein Mädchen ist, das sei eine „Schwäche“.

Äußerungen wie diese bringen manche Frauen auf die Barrikaden. Einen knappen Monat ist die Bewegung nun alt, vereinte auf seiner Facebook-Seite zeitweilig zwischen zwei und drei Millionen Unterstützer und entwickelt auch in anderen Netzwerken wie Twitter oder Instagram eine enorme Aufmerksamkeit.

„Wir müssen uns vereinen, um das zu verhindern, was ein Desaster für unser Land wäre“, sagt eine der Gründerinnen der Bewegung, Maira Motta. Prominente springen der Bewegung bei. Die Sängerin Anitta war eine der ersten, die die Kampagne #elenao unterstützte. Andere, wie die Sängerin Daniela Mercury, die Musiker Gilberto Gil und Caetano Veloso sprangen ihr zur Seite.

Aber es gibt auch eine Gegenbewegung mit prominentem Bolsonaro-Support, etwa von Ex-Fußball-Star Ronaldinho.

Offenbar wird die Bewegung im Bolsonaro-Lager als Bedrohung gesehen. Mitte September hackten sich Unbekannte in die Facebook-Gruppe ein, änderten den Titel vorübergehend in „Mulheres com Bolsonaro“, Frauen mit Bolsonaro, und fluteten es mit Lobeshymnen und positiven Kommentaren auf den Mann, der von seinen Anhängern „Mito“, Mythos, gerufen wird.

Vergangenen Montag lauerten zwei Unbekannte Männer der Administratorin der Facebook-Gruppe, Maria Santiago, vor der Wohnungstür in Rio de Janeiro auf. Sie schlugen der Frau mehrfach ins Gesicht, raubten ihr Mobiltelefon, flohen danach. Zufall? Ziemlich sicher ein Einschüchterungsversuch.

Geschmackloser Höhepunkt war eine Grafik, die Carlos Bolsonaro, Sohn des Kandidaten und selbst Politiker vor einigen Tagen auf Instagram postete. Es zeigt ein gefesseltes Folteropfer, einen Mann mit Plastiksackerl über dem Kopf, und blutverschmiertem Gesicht. Darunter der Text „Für die Eltern, die unter der Dusche weinen“ - eine Anspielung auf Bolsonaros Homosexuellenhass. Auf dem Körper des Opfers steht der Hashtag der Bewegung geschrieben: #elenao.

Anscheinend hatte man die Durchschlagskraft der Bewegung unterschätzt. Dabei machten Umfragen recht früh deutlich, dass die Ablehnung gegen Bolsonaro gerade bei Frauen besonders hoch ist: 49 Prozent können sich unter keinen Umständen vorstellen, ihm ihre Stimme zu geben. Frauen machen 53 Prozent der Bevölkerung und damit auch der Wähler aus.

Könnte diese Bewegung womöglich den Bolsonaro-Zug noch stoppen? Die Politologin der katholischen Universität PUC in Rio de Janeiro, Tathiana Chicarino hält das nicht für ausgeschlossen.

Gerade auch weil sie Bolsonaro dort attackiert, wo er bisher am stärksten operierte: die den Sozialen Netzwerken. In einem Radio-Interview mit der Zeitung Estadao de Sao Paulo gibt sie sich jedoch vorsichtig: „Jeder Event hat die Möglichkeit, eine Auswirkungen auf den Wahlausgang zu haben“, sagt sie mit Blick auf das Messerattentat auf Jair Bolsonaro Anfang September. Unmittelbar danach sprangen die Umfragewerte gleich um fünf Prozentpunkte in die Höhe.

SERVICE: Link zum Folterbild:

https://www.destakjornal.com.br/cidades/rio-de-janeiro/detalhe/ca rlos-bolsonaro-sera-denunciado-na-camara-por-apologia-a-tortura