Spanien

Katalonien: Ausschreitung zwischen Separatisten und Polizei

Die katalanischen Polizisten wurden unter anderem mit Farbbeuteln beworfen.
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Die sozialen Spannungen nehmen im Vorfeld des ersten Jahrestags des Unabhängigkeitsreferendums zu. Am Montag werden erneut Massendemonstrationen mit möglichen Ausschreitungen erwartet.

Barcelona, Madrid – Kurz vor dem ersten Jahrestag des Unabhängigkeitsreferendums spitzen sich die sozialen Spannungen in Katalonien zu. Am Samstag kam es in der katalanischen Mittelmeermetropole Barcelona zu teils heftigen Zusammenstößen zwischen der spanischen Polizei und katalanischen Separatisten.

Auslöser war ein Protestmarsch der Polizistengewerkschaft, zu dem Beamte aus ganz Spanien kam, um ihre in Katalonien stationierten Kollegen moralisch zu unterstützen. Beamte der spanischen Nationalpolizei und der Guardia Civil stehen in Katalonien im Fadenkreuz großer Bevölkerungsteile, nachdem sie am 1. Oktober 2017 teils mit heftiger Gewalt versucht hatten, das vom Verfassungsgericht verbotene Referendum über eine mögliche Loslösung der Region von Spanien zu verhindern.

Der damalige Polizeieinsatz galt als sehr umstritten. Wie TV-Aufnahmen zeigten, prügelten Beamte der spanische Nationalpolizei sogar Jugendliche und ältere Menschen, die keinerlei Widerstand leisteten, mit Schlagstöcken aus den Wahllokalen. Dutzende Personen mussten in Krankenhäusern behandelt werden. Ein junger Mann verlor ein Auge. Vergangene Woche leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen insgesamt 13 Polizisten ein.

Abzug der spanischen „Besatzungsmacht“

Schnell formierten separatistische Bürgerplattformen Gegenproteste, um die Polizeidemonstration zu boykottieren. Dabei kam es zu teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Separatisten und den Einheiten der katalanischen Regionalpolizei Mossos d‘Esquadra, die beide Demonstrationsgruppen auseinanderhalten sollten. Nachdem mehrere Dutzend Unabhängigkeitsbefürworter die Polizei mit Farbe bewarfen und versuchten, mit Gewalt die Polizeisperre zu durchbrechen, um dem Protestmarsch der Polizeigewerkschaft den Weg zu versperren, gingen die Polizeieinheiten mit Schlagstöcken und Tränengas gegen sie vor.

Unterdessen gelang es einigen Hundert Unabhängigkeitsgegner die Plaza de Catalunya zu erreichen, wo die Abschlusskundgebung der Polizeidemonstration stattfand. Es kam zu Handgreiflichkeiten zwischen beiden Protestgruppen. Zeitgleich protestierten rund 6.000 Personen auf dem zentralen Sant Jaume Platz vor dem Sitz der katalanischen Regionalregierung gegen die Polizeidemonstration, welche das Verhalten der Beamten während der Niederschlagung des Unabhängigkeitsreferendums verteidigen wollte.

Zigtausende Unabhängigkeitsgegner forderten lautstark „Freiheit für Katalonien und die politischen Gefangenen“ und den Abzug der spanischen „Besatzungsmacht“. Aufgerufen zu den Gegendemonstrationen hatten die linksradikalen Arran-Jugendgruppen der separatistischen, neomarxistischen CUP-Partei. Mehrere Separatisten wurden während der Gegendemonstration festgenommen.

Große Massendemonstrationen am Montag erwartet

Am Montag werden zum ersten Jahrestags des Unabhängigkeitsreferendums erneut große Massendemonstrationen mit möglichen Ausschreitungen in Barcelona erwartet. Vor einem Jahr ließ die katalanische Regionalregierung von Separatistenführer Carles Puigdemont trotz des Verbots durch das Verfassungsgericht am 1. Oktober 2017 ein illegales Referendum über eine Loslösung von Spanien abhalten. 90 Prozent stimmten damals dafür. Doch nahmen nur knapp 42 Prozent der Wahlberechtigten überhaupt teil. Puigdemont rief drei Wochen später dennoch die Unabhängigkeit aus. Daraufhin ließ die damalige spanische Zentralregierung von Mariano Rajoy die Regionalregierung absetzen und stellte die Region monatelang unter Zwangsverwaltung.

Die Separatistenparteien erhielten bei Neuwahlen im Dezember jedoch erneut eine knappe Mehrheit. Seitdem ist der Unabhängigkeitsprozess ins Stocken geraten. Spaniens neuer sozialistischer Premier Pedro Sanchez bietet den Separatisten zwar ein Referendum über mehr Autonomierechte an, aber nicht über die Unabhängigkeit, die auch für ihn eine rote Linie darstellt.

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