Kataloniens Separatisten gedachten Unabhängigkeitsreferendum
Barcelona/Madrid (APA) - Mit friedlichen Gedenkfeiern und Treffen haben am Sonntag Zigtausende Katalanen an das verbotene Unabhängigkeitsref...
Barcelona/Madrid (APA) - Mit friedlichen Gedenkfeiern und Treffen haben am Sonntag Zigtausende Katalanen an das verbotene Unabhängigkeitsreferendum vor einem Jahr erinnert.
Die separatistische Regionalregierung von Quim Torra rief alle Katalanen, die am 1. Oktober bei dem Referendum mitmachten, auf, sich erneut vor den Schulen und Kindergärten zu versammeln, in denen sie vor einem Jahr über die Loslösung Kataloniens von Spanien abstimmten.
So kam es in Hunderten von Schulen in ganz Katalonien zu friedlichen Protesten. Sie richteten sich größtenteils für die Freilassung der „politischen Gefangenen“ und zur endgültigen Umsetzung des Mandats, mit dem die damalige Regionalregierung von Carles Puigdemont zur Errichtung einer unabhängigen katalanischen Republik beauftragt wurde.
Damals sprachen sich rund 90 Prozent für die Unabhängigkeit aus. Doch nahmen auch nur 42 Prozent der Wahlberechtigten teil. Die Polizei versuchte teils mit großer Gewalt die zuvor vom Verfassungsgericht verbotene Volksbefragung zu verhindern. Puigdemont erklärte dennoch am 27. Oktober die Unabhängigkeit, woraufhin die Regionalregierung abgesetzt und die Region monatelang unter Zwangsverwaltung gestellt wurde.
„Es hätten sich damals bestimmt noch mehr am Referendum beteiligt, hätten wir nicht unter der Gefahr abstimmen müssen, von der spanischen Polizei mit Schlagstöcken niedergeknüppelt zu werden“, ist sich Josep Tarragon sicher. Der 23-jährige Geschichtsstudent wählte damals an der Escola L‘Univers-Grundschule in Barcelona. Rund 90 Personen befanden sich auf dem Schulhof. Sie sangen, plauderten und füllten die damaligen Referendums-Urnen mit Wunschzetteln. Auf den meisten stehen Wünsche nach einem eigenen Staat, nach der Freilassung der „politischen Gefangenen“ und die Hoffnung, dass Madrid Katalonien endlich sein internationales Recht auf Selbstbestimmung gewährt. Danach trugen sie die Urnen symbolisch in einem Protestmarsch zur Plaza Pobla Romani, wo sich auch Demonstranten aus anderen Schulen aus der unmittelbaren Umgebung zu einer gemeinsamen Abschlusskundgebung versammelten.
Viele waren mit Esteladas, den katalanischen Unabhängigkeitsflaggen, gekommen. Andere trugen pinke und neongelbe T-Shirts vom letzten Massenprotest vom 11. September, dem katalanischen Nationalfeiertag, an dem in Barcelona rund eine Million Menschen für die Unabhängigkeit der wirtschaftsstarken Region protestierten.
Eigentlich ist der Jahrestag des Referendums am Montag. Da dies allerdings ein normaler Schultag ist, bat die Regionalregierung die Menschen, schon heute in den damaligen Wahllokalen zu protestieren. Am Montagnachmittag wird im Zentrum der katalanischen Mittelmeermetropole allerdings eine Massenkundgebung stattfinden, bei der es erneut zu Ausschreitungen kommen könnte.
„Ich hoffe aber nicht, dass sich die Bilder und Szenen vor einem Jahr wiederholen werden“, meint Josep Tarragon im Gespräch mit der APA. Er stellt aber auch klar: „Das katalanische Volk hat vor einem Jahr klar seine Meinung ausgedrückt. Seitdem ist nichts passiert. Im Gegenteil: Spanien inhaftierte sogar unsere demokratisch gewählten Vertreter, nur weil sie Urnen aufstellen ließen. In so einem Land möchte ich nicht leben. Spanien ist keine Demokratie, sondern eine Diktatur“, versichert der Student.
Kurz vor dem ersten Jahrestag des Unabhängigkeitsreferendums spitzen sich die sozialen Spannungen in Katalonien zu. Am Samstag kam es bereits in Barcelona zu teils heftigen Zusammenstößen zwischen der spanischen Polizei und katalanischen Separatisten, die eine Demonstration für die Einheit des Landes boykottieren wollten. Aufgerufen zu den Gegendemonstrationen mit mehreren Tausend Teilnehmern hatten die linksradikalen Arran-Jugendgruppen der separatistischen, neomarxistischen CUP-Partei. Mehrere Separatisten wurden während der Gegendemo festgenommen.