Textilfabrikant aus Bangladesch kämpft gegen den schlechten Ruf

Salzburg/Chittagong/Dhaka (APA) - Über Jahre hinweg hat die Bekleidungsindustrie in Bangladesch für negative Schlagzeilen gesorgt: Unwürdige...

Salzburg/Chittagong/Dhaka (APA) - Über Jahre hinweg hat die Bekleidungsindustrie in Bangladesch für negative Schlagzeilen gesorgt: Unwürdige Arbeitsbedingungen, Hungerlöhne, verheerende Brände, schließlich der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza im April 2013, bei dem 1.135 Menschen starben. Ein Unternehmer kämpft nun gegen den schlechten Ruf der Branche in seinem Land an - und fordert dabei ein Umdenken beim Konsumenten ein.

„Rana Plaza, das war Unglück und Segen zugleich. Ohne das Desaster hätte es keine Veränderung geben“, sagte Mostafiz Uddin im APA-Gespräch. Der 40-jährige Textilfabrikant ist auf Einladung der österreichischen Textilzeitung nach Salzburg gekommen, wo er am heutigen Dienstag bei einem Treffen der heimischen Bekleidungswirtschaft sprechen wird. „Es hat viele Verbesserungen beim Schutz der Arbeiter gegeben. Und die Zahl der Gewerkschaften hat sich in den vergangenen fünf Jahren vervierfacht.“

Die rund 4.000 Textilfabriken im Land mit ihren 3,6 Millionen Beschäftigten - zwei Drittel davon Frauen - würden heute strengen Kontrollen unterliegen. „Der gesetzliche Mindestlohn hat sich seit dem Jahr 2012 von 37 auf 93 Dollar mehr als verzweieinhalbfacht.“ Im Bereich umweltfreundlicher Massenproduktion von Bekleidung zählen Firmen aus Bangladesch mittlerweile international zur Spitze.

Uddin hat in seinem Betrieb selbst zahlreiche Initiativen umgesetzt: Seine Firma „Denim Expert“ in der Hafenstadt Chittagong stellt ausschließlich Jeans her. Die fast 2.000 Mitarbeiter nähen jeden Tag 12.000 Stück - alle für den Export. In Europa gehört etwa der spanische Inditex-Konzern, zu dem die Marken Zara oder Massimo Dutti gehören, zu den Abnehmern.

Der Fabrikant hat seinen Betrieb auf einem Stahlgerüst gebaut, das bei Erdbeben Sicherheit bieten soll. Es finden regelmäßig Brandschutzübungen und Sicherheitstrainings statt, die medizinische Versorgung für die Arbeiter ist frei. Uddin bezahlt über Schnitt, fördert gezielt Frauen und hat zuletzt die ökologische Nachhaltigkeit forciert. Abwässer werden geklärt und wiederaufbereitet, moderne Maschinen verringern den Chemikalien- und Energieverbrauch und am Fabrikgelände wurden 1.500 Bäume gepflanzt, um das Mikroklima zu verbessern.

Doch während die Mindestlöhne gestiegen sind, sanken im gleichen Zeitraum die im Westen erzielten Preise um sieben Prozent. „Das ist unser größtes Problem. Denn der Druck der Händler und der Wettbewerb sind groß“, sagte Uddin. Wenn Transparenzregeln nur in bestimmten Regionen oder Ländern gelten, könnten Abnehmer in billigeren Länder produzieren lassen. „Alle reden heute über Mindestlöhne, faire Arbeitsbedingungen, Sicherheitsstandards und grüne Herstellung. Aber das ist nicht genug. Man muss über die Preise reden. Nachhaltigkeit kostet.“

Wenn Vorzeigeunternehmen nicht mit besseren Preisen für ihre Arbeit belohnt würden, warum sollte das andere Fabriken motivieren, es ihnen gleich zu tun? Verantwortung dafür tragen freilich nicht nur die Einzelhändler. „Auch die Konsumenten sind meist nicht bereit, mehr Geld zu bezahlen“, kritisierte Uddin.

Werde heute eine seiner Jeans um 29 Euro verkauft, bekomme er davon 8 Euro. „Kostet sie noch weniger, muss klar sein, dass sie nicht unter fairen und nachhaltigen Bedingungen produziert werden kann.“ Zwar gebe es in Europa eine wachsende Slow-Fashion-Bewegung, die auch auf Fairness für die Hersteller setzt, Uddin wünscht sich aber auch, dass Regierungen etwa einen verbindlichen Minimum-Preis vorgeben. Vor allem sei ihm aber wichtig, dass Bangladesch endlich aus der Kritik gerate. „Es ist wirklich viel passiert in diesem Land. Und dafür wünsche ich mir Anerkennung.“

Nach China produziert kein Land der Erde so viel Bekleidung wie Bangladesch. 83 Prozent der Exporteinnahmen gingen zuletzt auf die Textilindustrie zurück, im Jahr 2017 waren das mehr als 30 Mrd. US-Dollar.