Her mit der Marie!: Starbesetzter Austro-“Tatort“ im Gangsterparadies

Wien (APA) - Mit einer seltenen Dichte an österreichischen Schauspielstars kann Barbara Eders zweiter „Tatort“ aufwarten. In „Her mit der Ma...

Wien (APA) - Mit einer seltenen Dichte an österreichischen Schauspielstars kann Barbara Eders zweiter „Tatort“ aufwarten. In „Her mit der Marie!“ (14. Oktober, 20.15 ORF 2) baut die Regisseurin ein durchaus sehenswertes, sehr österreichisches Retro-“Gangsta‘s Paradise“ auf, in dem sich trotz aller Überzeichnung und Komik ein solider Krimi mit Milieu- und Lokalkolorit entwickelt.

Im mittlerweile 19. gemeinsamen Fall, den das österreichische „Tatort“-Ermittlungsduo Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) in Angriff nimmt, führt Eder die beiden in eine Art Retro-Welt voller Abziehbild-Gangster, die nicht davor zurückschrecken, STS-Lieder zu hören, in auffällig-getunten Autos durch Wien und Umgebung zu fahren und sich mit Schnauzbärten und tätowierten Hälsen bei jedem Schritt unverkennbar als Vollblut-Unterweltler zu outen.

Würden die Ermittler nicht Methoden aus der 4.0-Welt anwenden, könnte man sich in vielen Szenen zumindest mitten in den 1990er-Jahren wähnen. In dieses Bild passt auch, wenn Eder die Handlung etwa auf geteiltem Bildschirm zu Krimimusik im Stile der 1970er-Jahre und in leicht zurechtgeschliffenem Wienerisch vorantreibt.

Als Alt-Pate zieht hinter den mit viel Liebe zu Ausstattungsdetails gezimmerten Kulissen der „Dokta“ (Erwin Steinhauer) die Fäden. Im unter seinem Regime erbauten Rotlicht-Paradies erklingen jedoch Misstöne, nachdem ein Geldbote bei einem verunglückten Raubüberfall ums Leben kommt. Krassnitzer und Fellner und der erneut schusselig-nervige Manfred Schimpf (Thomas Stipsits) stehen angesichts der stark verkohlten Leiche die Fragezeichen in die routinierten Sonderermittler-Gesichter geschrieben. Das Kernteam zelebriert erneut gekonnt seine Hassliebe und findet spätestens ab dem Erscheinen der von Steinhauer mit viel Selbstverständlichkeit verkörperten Nicht-ganz-Antipathiefigur des „Dokta“ merklich Gefallen an seiner Arbeit.

Mit seiner Frau (Maria Hofstätter) hat sich dieser ein auf den ersten Blick biederes Eigenheim-Refugium im hauptstädtischen Speckgürtel geschaffen. Im Semiruhestand dominieren aber nicht nur der Hobbyweinbau und ausladende Grillagen, auf denen Voodoo Jürgens im Rahmen eines Cameo-Auftritts ein Privatkonzert gibt. Geld lässt sich der Gürtel-Pate nämlich auch im fortgeschrittenen Alter nicht gerne abnehmen - was ihn zu eigenen Recherchen zum Tathergang motiviert. Rückt dann die Konkurrenz von der Exekutive an, gibt die werte Gattin ihrem mit den polizeilichen Abläufen bestens vertrauten Ehemann auch schnell einmal ein gepflegtes Frühstück in den Verhörraum mit.

In diesem Milieu, das einen fast familiären Umgang mit doppeltem Boden pflegt, entspinnt sich im Drehbuch aus der Feder von Stefan Hafner und Thomas Weingartner ein unterschwelliges Duell um die Nachfolge zwischen dem „Mann fürs Grobe“ namens Marko (Johannes Krisch) und „Pico Bello“, dem Ziehsohn des „Doktas“ (Christopher Schärf). Zwischen Tschocherln und Rotlicht-Etablissementes, in denen jeder irgendwie sein eigenes Süppchen kocht, entwickelt sich der Fall stellenweise zwar ein Stück vorhersehbar, die Darstellung des Umfelds und der eigenwilligen Charaktere macht das jedoch ohne weiters wett.

Einer davon ist der liebenswert-halbseidene „Inkasso Heinzi“ (Simon Schwarz) - ein alter Bekannter aus Eisner-Fellner-Krimis. Der kann auch als vermeintlich runderneuerter „Heinzi 3000“ von alten Gewohnheiten offenbar nicht lassen und bringt so Bibi Fellner in einen Konflikt, der dem Fall zusätzliche Spannung verleiht.

~ WEB http://orf.at ~ APA057 2018-10-09/08:15