Neuwahlen in Andalusien läuten Machtkampf in Spanien ein

Sevilla/Madrid (APA) - Andalusiens sozialistische Regierungschefin Susana Diaz hat am Montagabend vorgezogene Neuwahlen für den 2. Dezember ...

Sevilla/Madrid (APA) - Andalusiens sozialistische Regierungschefin Susana Diaz hat am Montagabend vorgezogene Neuwahlen für den 2. Dezember ausgerufen. Eigentlich hätten die Wahlen in Spaniens bevölkerungsreichster Region erst im März stattgefunden.

Doch nach der Verurteilung sozialistischer Parteikollegen wegen Betrugs, Korruption und Missbrauchs von öffentlichen Geldern entzogen die liberalen Ciudadanos der sozialistischen Ministerpräsidentin im Regionalparlament von Sevilla die notwendige Unterstützung für die Verabschiedung eines neuen Budgets. Da auch die linke Podemos und die konservative Volkspartei (PP) sich weigern, Diaz‘ Budget mitzutragen, entschied sich die 37-Jährige, die Neuwahlen vorzuziehen.

„Somit garantieren wir, dass sich die Wahlen einzig und alleine auf Andalusien konzentrieren“, stellte Diaz klar. Sie befürchtete, dass die Regionalwahlen im März zu einer Art Vorrunde für die landesweiten Gemeindewahlen, für die Europawahlen und die Urnengänge in anderen spanischen Regionen im Frühjahr geworden wären. Zudem wollte sie unbedingt verhindern, dass die andalusischen Regionalwahlen womöglich mit vorgezogenen Parlamentswahlen in Spanien zusammenfallen. Auch könnten aufgrund der instabilen politischen Lage in Katalonien dort jederzeit Neuwahlen angesetzt werden.

Ob die Strategie der andalusischen Regierungschefin aufgeht, den Wahlkampf auf regionale Themen zu konzentrieren, daran zweifeln Experten allerdings. „Tatsächlich dürfte es eine erste Runde im Kampf um die spanische Regierung werden. Wer in Andalusien die Wahlen gewinnt, hat eine bessere Startposition im Rennen um die Regierungsmacht in Madrid“, versichert etwa Angel Cazorla, Politologe und Wahlforscher an der andalusischen Universität von Granada, im Gespräch mit der APA.

Ein Sieg in Andalusien würde Zeichen setzen - für Sozialisten wie für Konservative oder Liberale. Es handelt sich mit 8,4 Millionen Einwohnern nicht nur um Spaniens bevölkerungsreichste Region, sondern auch um die ewige Hochburg der Sozialisten, die hier seit 37 Jahren ununterbrochen regieren. „So werden alle Parteien natürlich bereits jetzt nationale Polemiken und Probleme in die Waagschale werfen, um den politischen Gegner schon in Andalusien zu schlagen“, ist sich Cazorla sicher.

Spaniens sozialistischer Ministerpräsident Pedro Sanchez würde die Legislaturperiode zwar gerne zu Ende bringen. Doch auch er weiß, dass seine Minderheitsregierung extrem instabil ist und Spaniens neuer konservativer Oppositionsführer Pablo Casado und der Liberalen-Chef Albert Rivera Neuwahlen entgegenfiebern.

Der sich verhärtende Katalonien-Konflikt, das langsam abnehmende Wirtschaftswachstum und die jüngsten Ministerrücktritte nach Vorwürfen erschwindelter Uni-Abschlüsse oder von Steuerhinterziehung werden mit Sicherheit zentrale Themen beim Wahlkampf im Rennen um den Madrider Moncloa-Regierungspalast, aber auch um die Macht im südspanischen Sevilla werden.

Genau diese Polemiken und Probleme der spanischen Zentralregierung beziehungsweise schwachen Punkte von Sanchez, ihrem parteiinternen Rivalen, möchte Diaz aus dem andalusischen Wahlkampf heraushalten. Sie hat schon genug damit zu tun, sich im bevorstehenden Wahlkampf für die Korruptionsskandale innerhalb ihrer Regionalregierung zu verteidigen.

Doch Sanchez wird sich involvieren wollen. „Ein mit seiner Beteiligung erreichter Sieg in Andalusien wäre wie ein Faustschlag auf den Tisch, um unter anderem zu zeigen, dass er auch Wahlen gewinnen kann“, meint auch Wahlforscher Cazorla. Immerhin kam Sanchez Anfang Juni nur durch ein Misstrauensvotum gegen seinen konservativen Amtsvorgänger Mariano Rajoy (PP) an die Macht und steht seitdem einer Minderheitsregierung vor, die nur auf 84 von 350 Abgeordnete zählen kann.