Volksbegehren - Neisser-Initiative für rasche Reform des Instruments

Wien (APA) - Nach den jüngsten Volksbegehren spricht sich die Initiative Mehrheitswahlrecht für einen raschen Ausbau der Direkten Demokratie...

Wien (APA) - Nach den jüngsten Volksbegehren spricht sich die Initiative Mehrheitswahlrecht für einen raschen Ausbau der Direkten Demokratie aus. Die Regierung solle ihre entsprechenden Pläne vorziehen, meinte der frühere Zweite Nationalratspräsident Heinrich Neisser (ÖVP) bei der Vorstellung des jährlichen „Demokratiebefundes“. Demnach ist beim Vertrauen in die Politik eine positive Trendwende zu verzeichnen.

Den Plan der Regierung, wonach Volksbegehren ab 900.000 Unterstützern in eine Volksabstimmung münden sollen, ist für die „Initiative Mehrheitswahlrecht und Demokratiereform“ grundsätzlich akzeptabel, erklärte Neisser auf Journalistenfragen bei der Pressekonferenz am Dienstag in Wien. Die Koalition wäre „gut beraten“, diesen Teil ihres Programms vorzuziehen und nicht erst 2022 umzusetzen, empfahl Neisser. Denn sonst würde sich in dieser Periode dahingehend nichts ändern.

Politikwissenschafter Klaus Poier findet es auffällig, dass die neue Möglichkeit, Volksbegehren elektronisch und auch abseits der Heimatgemeinde zu unterzeichnen, „zu einem richtigen Push geführt hat“. Es sei wichtig, dass man die modernen Möglichkeiten der Digitalisierung auch als Service in der Demokratie nutze.

Generell verzeichnete die Initiative nach einem jahrelangen Bergab eine positive Trendwende, was das Vertrauen in die Politik und Politiker betrifft, wie Wolfgang Bachmayer von OGM betonte. Der Meinungsforscher hat im September die Befragung mit rund 800 Interviews, repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung, durchgeführt. Zwar hat noch immer eine knappe Mehrheit eher kein oder sehr wenig Vertrauen in die Politik, aber der Anteil der Personen, die der Politik sehr oder eher vertrauen, ist von zwölf Prozent 2017 auf 45 Prozent 2018 gestiegen.

Offensichtlich habe die Tatsache, dass die neue ÖVP-FPÖ-Regierung nicht den Konflikt in den eigenen Reihen in den Vordergrund stelle, dazu geführt, dass die Bevölkerung die Entwicklung positiv beurteile, erklärte Neisser. Dennoch sollte man sich bewusst sein, dass es europa- und weltweit eine kritische Diskussion über die Demokratie gebe, mahnte Neisser. Die österreichische Demokratie sei sicher stabil, aber es gebe „Erosionsprozesse“, befand Neisser, „denen gegenüber man wachsam sein muss“.

Explizit sprach Neisser etwa die Diskussion über den Umgang von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) mit den Medien an. „Ich möchte keine Demokratie, wo es einen organisierten Kampf gegen die Medien gibt“, erinnerte Neisser etwa an die USA und ihren Präsidenten Donald Trump, der die Medien als feindlichen Gegner sehe. „Wer die Medien zum Adressaten seines Verfolgungswahns oder zum Mittelpunkt seiner Verschwörungstheorien macht, der erweist der Demokratie keinen guten Dienst.“

Die Parteien nutzten Digitalisierung, um die Glaubwürdigkeit der klassischen Medien zu untergraben, erklärte Politik- und Medienberater Peter Plaikner. Dies mache nicht nur die FPÖ durch Plattformen wie FPÖ-TV, sondern etwa auch die SPÖ mit ihrem „Kontrastblog“. „Das sollte uns mit mehr Besorgnis erfüllen“ - denn mit Hilfe von Social Media-Plattformen wie Facebook erreichten „diese Propagandainstrumente“ teils höhere Verteilungsraten als Qualitätszeitungen. Plaikner sprach sich unter anderem für neue Finanzierungs- und Fördermodelle sowie eine intensive Medienbildung aus.

Als weiteren aktuellen Appell der Initiative formulierte Herwig Hösele, es möge angesichts der EU-Wahl im Mai 2019 der europapolitische Diskurs in den nächsten Monaten intensiver werden.