Innenpolitik

Die Regierung bleibt bei ihrem Volksentscheid-Plan

Seit fast 100 Tagen regieren Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache gemeinsam. Sie demonstrieren bei jeder Gelegenheit Harmonie – als „neuen Stil“ und als Zeichen der von Kurz propagierten „Veränderung“.
© Herbert Pfarrhofer

Neuerungen in Sachen „Direkte Demokratie“ sollen erst ab 2022 gelten. Manche VPler wollen schon jetzt eine Abstimmung zur Causa Rauchen.

Von Karin Leitner

Wien –20. September 2017. Die Freiheitlichen sind in der Opposition. Eintrag auf der FPÖ-Homepage. „Im Zuge der aktuellen Stunde im Parlament forderte FPÖ-Obmann HC Strache zum wiederholten Mal mehr direkte Demokratie und Selbstbestimmung statt CETA- und TTIP-Diktate. Das Volksbegehren gegen CET­A und TTIP wurde insgesamt 562.552-mal unterschrieben. Das war ein gewaltiger Erfolg. ,Das wären eigentlich klare Zahlen. Aber das interessiert dann offenbar den Herrn Bundeskanzler natürlich nicht. Ihn interessiert weder die Meinung des Volkes noch die seiner Parteimitglieder.‘“

Oktober 2018. Die Freiheitlichen sind in der Regierung. Es gibt wieder Ergebnisse von Volksbefragungen. Eine davon hat darauf abgezielt, das Rauchen in der Gastronomie gänzlich zu untersagen. Unterzeichnet haben sie 881.569 Bürger. Eine verbindliche Volksabstimmung dazu wird es aber nicht geben. Sowohl in der ÖVP als auch in der FPÖ wird auf das Koalitionsübereinkommen verwiesen. In dem ist vermerkt, dass es nach Volksbegehren, die von zumindest 900.000 Menschen unterstützt werden, ein­e Volksabstimmung geben muss – ab dem Jahr 2022.

Bis dahin zuzuwarten, missfällt manchen in Sebastian Kurz’ Partei. Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl befindet via Kurier: „Jetzt sollt­e es auf jeden Fall eine Volksabstimmung geben. Wenn ein Thema politisch nicht zum Heben ist, muss man den Publikumsjoker nehmen.“ Dafür plädieren auch sein Salzburger Pendant Harald Preuner und Gemeindebund-Chef Alfred Riedl.

Wie sieht der steirische ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, ein Verfechter des Rauchverbots in der Gastronomie, die Angelegenheit? „Ich bleibe bei meiner Meinung: Dieses Rauchverbot wird kommen – früher oder später. Ich hoffe auf ein Umdenken der FPÖ.“ Im steirischen Landtag wurde bereits im Dezember 2006 der Beschluss für ein Rauchverbot in Gastgewerbebetrieben, Tankstellen, Buschenschänken, bei Zeltfesten gefasst. Im Jänner dieses Jahres haben ÖVP und SPÖ mittels Entschließungsantrag den Beschluss bekräftigt. Grüne und KPÖ haben mitgestimmt. Sollte es nun eine Volksabstimmung geben? Dazu sagen Schützenhöfer und sein ÖVP-Gesundheitslandesrat Christopher Drexler: „Das ist Sache der Bundesregierung und des Nationalrats. Ratschläge dazu gibt es nur intern.“

Kurz äußert sich jetzt nicht zur Causa. Im Februar sagte er: „Ich habe großes Verständnis dafür, dass sich die Mehrheit für ein absolutes Rauchverbot einsetzt. Ich bin selbst Nichtraucher.“ Die „aktuelle Regelung“ beizubehalten, sei aber „eine Koalitionsbedingung der FPÖ“ gewesen.

Die designierte SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner kündigt eine „parteiübergreifende Initiative“ für eine Volksabstimmung über ein Rauchverbot in Lokalen an. Der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) appelliert an die Regierenden, die Stimmen von Bürgern, die Nichtraucherschutz wollen, „nicht weiter zu ignorieren“.