Weniger Streit bringt Politik mehr Vertrauen
Der Demokratiebefund belegt nach Jahren erstmals verbesserte Vertrauenswerte gegenüber der Politik. Zeichen einer Trendwende?
Von Michael Sprenger
Wien –Die nach außen hin demonstrierte Harmonie der beiden Regierungsparteien ÖVP und FPÖ zeigen offensichtlich Wirkung. Der Anteil der Personen, die der Politik sehr bzw. eher vertrauen, ist von zwölf Prozent im Jahre 2017 auf heuer 45 Prozent gestiegen. Der Grund für die „zumindest kurzfristige Trendwende“ wird eben in der Außenwirkung der Bundesregierung gesehen. Wolfgang Bachmayer von OGM hat für den Demokratiebefund im September die Befragung mit rund 800 Interviews durchgeführt. Bachmayer weist darauf hin, dass die Vorgängerregierungen mit Streit und Stillstand in Zusammenhang gebracht worden sind.
Offensichtlich habe die Tatsache, dass die rechtskonservative Regierung nicht den Konflikt in den eigenen Reihen in den Vordergrund stelle, dazu geführt, dass die Bevölkerung die Entwicklung positiv beurteile, erklärte Heinrich Neisser, Initiator der Initiative Mehrheitswahlrecht und Demokratiereform. Dennoch sollte man sich bewusst sein, dass es europa- und weltweit eine kritische Diskussion über die Demokratie gebe, mahnte Neisser. Die österreichische Demokratie sei sicher stabil, aber es gebe „Erosionsprozesse“, befand Neisser, „denen gegenüber man wachsam sein muss“.
Er sieht in der Demokratiediskussion vor allem die Zivilgesellschaft gefordert. Besonders der Umgang von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) mit Medien sei ein Aufruf zur Wachsamkeit. „Wer die Medien zum Adressaten seines Verfolgungswahns oder zum Mittelpunkt seiner Verschwörungstheorien macht, der erweist der Demokratie keinen guten Dienst.“
Politik- und Medienberater Peter Plaikner erinnert in diesem Zusammenhang an die „Parallelöffentlichkeit“, die sich Parteien durch Social Media schaffen. Dies betreibe insbesondere die FPÖ erfolgreich durch Plattformen wie FPÖ-TV, aber auch die SPÖ mit ihrem „Kontrastblog“. Plaikner spricht in diesem Zusammenhang von „Propagandainstrumenten“, die auch dazu dienen, die Glaubwürdigkeit der klassischen Medien zu untergraben. Dies sollte „uns mit mehr Besorgnis erfüllen“, warnt Plaikner vor dieser Entwicklung.