NGOs fordern vorenthaltenes Mitspracherechte bei Umweltverfahren ein

Salzburg/Wien (APA) - Wenn in Österreich in einem Bezirk der Fischotter zum Abschuss freigegeben werden soll, brauchen Naturschützer derzeit...

Salzburg/Wien (APA) - Wenn in Österreich in einem Bezirk der Fischotter zum Abschuss freigegeben werden soll, brauchen Naturschützer derzeit Zufall und Glück, überhaupt davon zu erfahren. Denn Parteistellung haben die NGOs im Verfahren nicht. Dabei stünde ihnen diese bereits seit 2005 zu. Mehrere NGOs forderten deshalb am Dienstag in Salzburg, dass in Österreich die Aarhus-Konvention endlich umgesetzt wird.

Dieses Übereinkommen der EU wurde am 17. Jänner 2005 von Österreich ratifiziert. Es ist der erste völkerrechtliche Vertrag, der der Öffentlichkeit umfangreiche Rechte im Umweltschutz bzw. Naturschutz zuschreibt. Bei der Umsetzung in nationales Recht wären etwa Informationspflicht, Öffentlichkeitsbeteiligung und Zugang zu Gericht für alle umweltbezogenen Verfahren gewährleistet.

Auf Bundesebene wurde die Konvention zumindest teilweise in nationales Recht übernommen, etwa bei UVP-Verfahren. Auf Länderebene ist Österreich aber vollkommen säumig. „Man hat den Eindruck, jedes Bundesland wartet ab, bis ein anderes mit der Umsetzung beginnt“, sagte Hannes Augustin, der Geschäftsführer des Naturschutzbundes Salzburg. Erst im Juni hätten die Umweltreferenten der Länder den Bund um Hilfe für eine österreichweite Lösung gebeten, ergänzte Naturfreunde-Vorsitzende Sophia Burtscher. 2014 hat die EU-Kommission jedenfalls bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet.

Weitere Brisanz brachte dann ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom Dezember 2017. Dieses leitet für NGOs, die von Verfahren ausgeschlossen waren, die Möglichkeit ab, diese im Nachhinein neu aufzurollen. Dann kann es freilich schon zu spät sein. „Wir haben beispielsweise erst von einer Wiese erfahren, auf der der Wachtelkönig gesungen hat, als die Bebauungspläne schon fertig waren“, sagte BirdLife-Landesleiterin Hemma Gressel.

Die NGOs fordern daher die Länder auf, die Adaptierungen in den entsprechenden Gesetzen (z. B. Naturschutz-, Jagd- oder Fischereigesetz) endlich vorzunehmen. Zudem fordern sie Kundmachungsplattformen der Länder, auf denen für jeden zugänglich über anstehende Verfahren informiert wird. Die Gefahr, dass es dadurch zur Verzögerung unzähliger Verfahren kommt, sieht Salzburgs Landesumweltanwalt Wolfgang Wiener nicht: Von den rund 1.000 Naturschutzverfahren nehme die Landesumweltanwaltschaft (LUA) gerade einmal in fünf bis acht Prozent die Parteienstellung wahr, und davon wiederum seien lediglich rund fünf Prozent strittig: „Wir bewegen uns also im Promillebereich.“ Außerdem hätten die NGOs gar nicht die Kapazitäten, sich mannigfaltig zu beteiligen.

Der Naturschutzbund-Vorsitzende Winfried Herbst betonte am Dienstag, dass es letztlich sogar kürzer dauere, gleich in ein Verfahren eingebunden zu sein, als dieses nach Abschluss noch einmal aufzurollen. „Das ist für die Verwaltung und die Projekteinreicher von Vorteil und dient der Rechtssicherheit.“

Dass die NGOs die Forderung genau zu einem Zeitpunkt erheben, zu dem die Bundesregierung Verfahrensbeschleunigungen plant und etwa über Namenslisten der Umweltorganisationen nachdenkt, sei mehr oder weniger Zufall, sagte Herbst.