Nationalistische Kräfte bei Wahlen in Bosnien siegreich
Sarajevo (APA/AFP) - Bei den Wahlen in Bosnien-Herzegowina haben in allen drei großen Bevölkerungsgruppen die nationalistischen Kräfte gesie...
Sarajevo (APA/AFP) - Bei den Wahlen in Bosnien-Herzegowina haben in allen drei großen Bevölkerungsgruppen die nationalistischen Kräfte gesiegt. Nach Auszählung von mehr als 80 Prozent der Stimmen kamen die serbische SNSD mit 32 Prozent, die muslimische SDA mit 26 Prozent und die kroatische HDZ mit 15 Prozent auf die meisten der 42 Sitze im gesamtstaatlichen Parlament, wie die Wahlkommission mitteilte.
Ähnlich die Ergebnisse der Wahl des dreiköpfigen Staatspräsidiums. Dort hat der Nationalist Milorad Dodik den für die Serben reservierten Sitz gewonnen. Der Politiker, der sich für eine Abspaltung seines Landesteils, der Republik Srpska, von Bosnien einsetzt, erhielt bei der Wahl am Sonntag die meisten Stimmen. Den für die bosnischen Muslime (Bosniaken) reservierten Sitz im Staatspräsidium gewann der konservative Kandidat Sefik Dzaferovic, der im Wahlkampf ebenfalls nationalistische Töne angeschlagen hatte. Den für die Kroaten reservierten Sitz gewann aber der Sozialdemokrat Zeljko Komsic, der sich gegen den Rechtsnationalisten Dragan Covic durchsetzte.
Der Balkan-Staat hat ein höchst komplexes politisches System. Dieses wurde im Friedensvertrag von Dayton festgelegt, der den Bosnien-Krieg (1992-95) beendete. Bosnien-Herzegowina setzt sich zusammen aus der Bosniakisch-Kroatischen Föderation und der Republika Srpska. Der schwache Gesamtstaat wird vom dreiköpfigen Staatspräsidium vertreten, das unter anderem für die Außen- und Verteidigungspolitik zuständig ist. Die weitaus größeren Befugnisse - etwa Wirtschaftspolitik, innere Sicherheit und Bildung - liegen bei den weitgehend autonomen Landesteilen.
Der Serbe Dodik, der jetzt in das Staatspräsidium gewählt wurde, steht schon seit 2006 an der Spitze der Teilrepublik Srpska. Er hat Bosnien-Herzegowina in der Vergangenheit als „gescheiterten Staat“ bezeichnet und will ein Referendum über eine Abspaltung der Republika Srpska abhalten.
Die Hälfte der 3,5 Millionen Einwohner Bosnien-Herzegowinas sind Muslime, rund 30 Prozent sind ethnische Serben. Die mehrheitlich katholischen Kroaten, die 15 Prozent der Bevölkerung ausmachen, fühlen sich von den Muslimen dominiert. Das südosteuropäische Land leidet neben dem komplizierten und schlecht funktionierenden politischen System auch unter Armut und hoher Arbeitslosigkeit. Bosnien zählt zudem zu den korruptesten Ländern auf dem Balkan. Das alles ist ein Hemmschuh für die EU-Annäherung.