Bayern-Wahl - Höhenflug der Grünen soll diesmal bis zur Wahl andauern
München (APA/AFP) - Die Hochgefühle der bayerischen Grünen lassen sich an zwei Gesichtern ablesen: Bei den Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann...
München (APA/AFP) - Die Hochgefühle der bayerischen Grünen lassen sich an zwei Gesichtern ablesen: Bei den Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann und Katharina Schulze funkelt es im Wahlkampf derzeit regelrecht aus den Augen - sei es aus Angriffslust oder vor Freude, die CSU mal wieder an einem wunden Punkt getroffen zu haben. Dass die beiden jungen Politiker abheben, fürchtet bei den Grünen aber niemand - zu frisch ist die Erinnerung an die Landtagswahl 2013, als auf Rekordumfragen ein enttäuschendes Ergebnis folgte.
Nur noch wenige Tage vor der Wahl bestätigt eine „Bild“-Umfrage den Höhenflug mit 18 Prozent. Damit sind die Grünen stabil die mit Abstand zweitstärkste Kraft in Bayern und kämen den Umfragen zufolge als einzige Partei für eine Zweierkoalition infrage.
In solch einer Koalition oder auch als Oppositionsführer dürfte Hartmann eine herausgehobene Position bekommen. Der am 20. Juli 1978 in Landsberg am Lech geborene 40-Jährige konnte im Wahlkampf nicht zuletzt im Fernsehduell mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) überzeugen.
Hartmann ist im wahrsten Wortsinn ein Kind der ersten Generation der Grünen: Seine Eltern waren schon in den Anfängen in der Ökopartei, seine Tante war in Bayern Grünen-Fraktionschefin. Mit seinem Vater und einem Bruder sitzt Hartmann bis heute im Stadtrat seiner Heimatstadt.
2013 wurde der studierte Kommunikationsdesigner nach der Landtagswahl Fraktionschef. Der smarte Grüne bekam dabei kurz nach der Wahl von der „Süddeutschen Zeitung“ eine Charakterisierung, die ihm wenig geschmeichelt haben dürfte: Er habe etwas „Söderhaftes“ an sich, schrieb das Blatt über sein Talent für Selbstvermarktung.
Noch eine andere Parallele zu Söder zeigt der Oberbayer: Er besitzt einen ausgeprägten Machtwillen. Hartmann zog dafür ein früher unter Bayerns Grünen undenkbares Bündnis mit der CSU ins Kalkül und zeigte eigenes Interesse an einem Ministeramt.
Auch Katharina Schulze macht kein Geheimnis daraus, dass sie lieber mitregieren will. Allerdings nahm sie wie Hartmann Söder das im Flüchtlingsstreit benutzte Wort „Asyltourismus“ lange übel. Inzwischen scheint die Wut aber verraucht.
Schulze kam am 20. Juni 1985 in Freiburg zur Welt. Sie wuchs in Herrsching am Ammersee in Oberbayern auf, seit dem Studium der interkulturellen Kommunikation, Politikwissenschaft und Psychologie liegt ihr Lebensmittelpunkt in München.
Die leidenschaftliche Handballerin zog 2013 in den Landtag ein, wo sie bereits in ihrer ersten Legislaturperiode im vergangenen Jahr neben Hartmann Fraktionsvorsitzende und danach auch Ko-Spitzenkandidatin wurde. Schulze steht für Pragmatismus. Nachdem bei den bayerischen Grünen früher radikale Forderungen von Fundis bürgerliche Wähler verschreckten, bewegte sie zusammen mit Hartmann die Partei stärker in die gesellschaftliche Mitte.
Im Wahlkampf sorgte Schulze zudem für die mitreißendsten Auftritte - der Verband der Redenschreiber deutscher Sprache zeichnete sie gerade als beste Wahlkampfrednerin aus. Allerdings kritisierten gerade in einer Diskussion mit Lesern der „Bild“-Zeitung viele Diskussionsteilnehmer, dass sie strittigen Fragen ausweiche.
Schulze kann sich zusammen mit ihrem Ko-Spitzenkandidaten unbestreitbar auf die Fahne schreiben, viel früher als etwa die Regierungspartei CSU die Nöte der Münchner erkannt zu haben. Schulze setzte sich an die Spitze des weit über die Grünen hinaus reichenden Widerstands gegen eine Olympiakandidatur der Stadt und eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen. Die Projekte lösten bei vielen Münchnern Ängste vor einem noch weiter wachsenden sozialen Druck in Deutschlands teuerster Stadt aus.
Söder versucht, die Grünen wegen solcher Antiinitiativen schon länger als eine reine Verbotspartei abzustempeln, mit der keine Politik zu gestalten sei. Doch diese parieren alle Attacken.
Als Warnung gilt den bayerischen Grünen, wie sie 2013 in der bundespolitischen Debatte über einen staatlich verordneten Fleischverzicht an sogenannten Veggie Days von Umfragewerten von 15 Prozent auf am Ende 8,6 Prozent abstürzten. Ein solches Thema ist kurz vor der Wahl nicht in Sicht - Hartmann und Schulze können weiter Zuversicht demonstrieren.