IWF sorgt sich um Wohlstandsverteilung im Krisenfall
Nusa Dua (APA/dpa/Reuters) - Aus Sorge vor einer neuen Finanzkrise und wachsendem Wohlstandsgefälle warnt der Internationale Währungsfonds (...
Nusa Dua (APA/dpa/Reuters) - Aus Sorge vor einer neuen Finanzkrise und wachsendem Wohlstandsgefälle warnt der Internationale Währungsfonds (IWF) vor einer Lockerung der Regeln für die Finanzmärkte.
Unter der geltenden Regulierung seien die Märkte und Finanzinstitute zehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise stärker als zuvor, sagte Tobias Adrian, Direktor für Geld- und Kapitalmärkte beim Internationalen Währungsfonds (IWF), am Mittwoch bei der Vorstellung des Berichtes zur Finanzmarktstabilität in Nusa Dua (Indonesien).
In Ländern wie den USA hatte es zuletzt Bestrebungen gegeben, den Finanzmarktakteuren wieder mehr Spielräume zu lassen. Allerdings seien neue Risiken hinzugekommen, etwa extrem hohe Immobilienpreise in Weltstädten wie London oder New York. „Kurzfristige Risiken haben sich vergrößert und mittelfristige Risiken bleiben erhöht“, fasste Adrian die Situation zusammen. Die weltweiten Handelsstreitigkeiten und dadurch sinkendes Vertrauen von Investoren etwa in China könnten zum Problem werden.
Der IWF warnt auch angesichts steigender Zinsen in den USA und des von Präsident Donald Trump angezettelten Zollstreits vor Gefahren für die Finanzmärkte. Eine weitere Eskalation im Handelskonflikt könne „das Vertrauen der Anleger untergraben und auch das Wirtschaftswachstum schädigen“, heißt es in dem Bericht zur Finanzstabilität. Im vergangenen halben Jahr hätten die kurzfristigen Risiken in diesem Bereich bereits zugenommen. Schwellenländer seien dabei besonders anfällig, da sie verstärkt mit einer Kapitalflucht rechnen müssten. Denn in den USA und Großbritannien steigen die Zinsen bereits wieder, in der Eurozone dürfte die EZB nach dem Sommer 2019 aktiv werden. Das kann dem IWF zufolge Schwachstellen aufdecken, die zuletzt von niedrigen Zinsen zugedeckt wurden.
IWF-Chefin Christine Lagarde forderte dazu auf, auf nationaler Ebene sicherzustellen, dass der Welthandel stärker den Menschen zugute komme. „Wir müssen sicherstellen, dass der Handel effektiver organisiert wird, um für die Menschen Ergebnisse zu liefern“, sagte sie. Bereits zuvor hatte etwa IWF-Chefökonom Maury Obstfeld darauf aufmerksam gemacht, dass die derzeit zu beobachtenden weltwirtschaftlichen Tendenzen zu weiteren Ungleichgewichten zwischen Arm und Reich führen. Der von den USA verursachte Handelsstreit führe zu einem Rückgang des Welthandels und damit zur Gefahr, dass wichtige Nachhaltigkeitsziele verfehlt werden.
Adrian rief die Entwicklungs- und Schwellenländer dazu auf, finanzielle Puffer gegen aufkommende Risiken zu bilden. Die größte Gefahr sei der starke Dollar mit schnell anziehenden Zinsen in den USA, die zu Kapitalabflüssen aus Schwellenländern führen könnten. Die US-Notenbank Federal Reserve könnte Ende des Jahres den vierten Zinsschritt in diesem Jahr unternehmen.
Durch die Zinserhöhungen in den USA sind zuletzt zahlreiche Schwellenländer unter Druck geraten - darunter die Türkei, Argentinien und Indonesien: Investoren ziehen Gelder aus diesen Staaten ab, um es in den Vereinigten Staaten anlegen, was momentan attraktiver ist. Laut dem Chef des US-Notenbankbezirks New York, John Williams, ist vor diesem Hintergrund eine klare Kommunikation der Währungshüter nötig, um Turbulenzen an den Finanzmärkten zu vermeiden. „Eine wichtige Lektion in Sachen Geldpolitik in unserer vernetzten Welt lautet, dass Transparenz und offene Kommunikationslinien entscheidend sind, um Missverständnisse zu vermeiden“, so Williams auf einer Zentralbanken-Konferenz im indonesischen Nusa Dua.
Ein großes Problem auch für Industrieländer ist laut Adrian der hohe Schuldenstand, vor allem außerhalb des Bankensektors. „Das Niveau an Schulden, die Haushalte, Unternehmen und Staaten halten, ist hoch und es steigt weiter.“ Gemeinsam wiesen 29 Länder mit großen Finanzsektoren einen Schuldenstand von 250 Prozent ihres zusammengerechneten Bruttoinlandsproduktes auf.
Es zähle jedoch nicht nur, wie viel Schulden ein Land habe, sondern auch, was auf der Habenseite der Bilanz stehe, sagte IWF-Direktor Vitor Gaspar, der am Mittwoch den Bericht zur Fiskalpolitik vorstellte. Es gebe großen Spielraum für Staaten, ihre Guthaben besser zu managen. „Regierungen könnten drei Prozent der Wirtschaftsleistung an Einnahmen heben“, sagte Gaspar.
Vor allem müsse Transparenz geschaffen werden, damit die Bürger auch über die tatsächliche Wohlstandslage ihres Landes informiert seien. Das gelte besonders für Länder mit vielen Bodenschätzen wie etwa Russland.
~ WEB http://www.imf.org ~ APA220 2018-10-10/12:06