SPD-Bundesvize Natascha Kohnen droht in Bayern historische Schmach

München (APA/AFP) - Sie sind sonst grundverschieden, doch in den Tagen vor der bayerischen Landtagswahl teilen CSU-Ministerpräsident Markus ...

München (APA/AFP) - Sie sind sonst grundverschieden, doch in den Tagen vor der bayerischen Landtagswahl teilen CSU-Ministerpräsident Markus Söder und die SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen ein Gefühl: Mit demselben Unglauben nehmen Söder und Kohnen auf, wie schlecht ihre Parteien in den Umfragen stehen. Während Söder aber vermutlich dennoch weiter Ministerpräsident bleibt, muss Kohnen um ihre gerade erst in Fahrt gekommene Laufbahn fürchten.

In der jüngsten Vorwahlumfrage lag die bayerische SPD nur noch bei zehn Prozent. Das ist nicht nur eine Halbierung der 20,6 Prozent der Landtagswahl 2013. Sollte sich die Umfrage bewahrheiten, wäre die SPD im Freistaat hinter CSU, Grünen, AfD und Freien Wählern nur noch fünftstärkste Kraft.

Welchen Anteil Kohnen am weiteren Niedergang der seit Jahren leiderprobten bayerischen SPD hat, wird am Ende wohl ihr Landesverband feststellen müssen. Persönliche Vorwürfe gegen die eifrige Spitzenkandidatin gibt es bisher keine, die Hauptverantwortung wird in der Großen Koalition in Berlin verortet. In der Vergangenheit trennten sich die Sozialdemokraten allerdings nach Niederlagen in Bayern fast immer von ihren Vorsitzenden.

Kohnen tritt trotz permanenter Nackenschläge auf wie eine unerschrockene Kämpferin, womöglich aber kämpft sie auf einem verlorenen Posten. Denn so setzte die kurz vor dem 51. Geburtstag stehende Sozialdemokratin zwar eines der zentralen Themen des Wahlkampfs, indem sie schon früh Wohnungsnot in den Mittelpunkt ihrer Kampagne stellte. Als stärkster Kontrahent der CSU wahrgenommen werden aber dennoch die Grünen.

Kohnen kam am 27. Oktober 1967 in München zur Welt. Nach dem Abitur studierte sie in Regensburg Biologie und machte mit einer Arbeit zur Fotosynthese ihr Diplom, danach arbeitete sie als Lektorin. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Paris lebte sie seit 1999 mit Mann und zwei Kindern in Neubiberg bei München.

In die SPD trat die seit einiger Zeit getrennt von ihrem Mann lebende Kohnen erst mit 33 Jahren ein. Sie wurde rasch in ihrem Heimatort Neubiberg Gemeinderatsmitglied und dann Ortsvorsitzende. Auch von einer lebensgefährlichen Hautkrebserkrankung ließ sie sich nicht bremsen und zog nur ein Jahr nach dem Auftreten der Krankheit 2008 in den Landtag ein.

Von 2009 bis 2017 bestimmte Kohnen als Generalsekretärin die Geschicke der bayerischen SPD mit. Im vergangenen Jahr nahmen ihre Kritiker die schlechten Wahlergebnisse in dieser Zeit als Argument, weshalb sie nicht Landesvorsitzende werden sollte. Kohnen konnte sich dennoch in einer Mitgliederbefragung klar durchsetzen.

Seit Ende vergangenen Jahres ist Kohnen auch stellvertretende Bundesvorsitzende, die bayerische SPD war lange nicht so prominent in der Parteispitze vertreten wie jetzt. Ihre Wahl war eigentlich mit der erklärten Hoffnung verbunden, die SPD im Süden wieder zu stärken.

Nachdem Kohnen zunächst klar auf Parteilinie marschierte und in ihrem Landesverband die ungeliebte Große Koalition bewarb, ging sie zuletzt auf Konfrontationskurs zu SPD-Chefin Andrea Nahles. Im Streit um die inzwischen wieder kassierte Beförderung des bisherigen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen kritisierte Kohnen Nahles und mobilisierte gegen die Beförderung.

Gegen die CSU teilte Kohnen im bayerischen Landtag in der Vergangenheit gern kräftig aus. Dennoch glauben viele in München, dass Kohnen die SPD bei einem passenden Wahlergebnis als Koalitionspartner der CSU andienen würde. Eine Regierungsbeteiligung würde die SPD anders als im Bund in Bayern vermutlich mit Freude eingehen - im Moment sind CSU und SPD aber zusammen so schwach, dass es nicht mal für eine Bayern-“GroKo“ reichen würde.