Messerattacke auf Wildpinkler (17): Prozess beginnt in Oldenburg
Nicht nur Städte, auch Bürger ärgern sich über Wildpinkler – manchmal so sehr, dass sie gewalttätig werden. In Oldenburg steht deshalb ein 30-Jähriger vor Gericht.
Oldenburg – Ein Jugendlicher pinkelt in der Oldenburger Innenstadt gegen eine Hecke. Darüber soll sich ein Mann nach Ansicht der Staatsanwaltschaft so sehr geärgert haben, dass er ihm ein Messer in den Rücken rammte. Der 17-Jährige kam lebensgefährlich verletzt ins Krankenhaus. Der 30-Jährige muss sich deshalb ab Donnerstag wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht im niedersächsischen Oldenburg verantworten. Er sitzt seit seiner Festnahme im Frühjahr in Untersuchungshaft.
Der Angeklagte habe den Tod des 17-jährigen Opfers in Kauf genommen, sagte Staatsanwältin Gesa Weiß bei der Anklageverlesung am Donnerstag vor dem Landgericht. „Sein Leben konnte nur durch mehrere Operationen gerettet werden.“ Der 30 Jahre alte Deutsche wollte sich am ersten Prozesstag zu den Vorwürfen nicht äußern.
Nach der Anklageverlesung sollen nach Angaben eines Gerichtssprechers mehrere Zeugen aussagen. Darunter ist der Geschädigte, der in dem Prozess auch Nebenkläger ist. Auch zwei Freunde, die das Opfer an jenem Abend begleitet hatten, wollen die Richter befragen.
„Besondere Dynamik“
Dass Wildpinkler den Zorn von Passanten oder Anwohnern auf sich ziehen, kommt immer wieder vor. Im Sommer bedrohte ein 39-Jähriger in Hamburg einen Mann, der sich an einem Baum in der Nähe einer S-Bahn-Station erleichtert hatte, mit einer Schreckschusswaffe und feuerte zweimal auf den Boden. In Bremen steht zurzeit ein 46-Jähriger wegen einer ähnlichen Geschichte vor Gericht – in dem Fall soll der Wildpinkler aber der Täter gewesen sein. Der 46-Jährige soll auf einen Gehweg uriniert haben. Als das Opfer ihn darauf ansprach, schlug er es bewusstlos.
Ob ein Streit um Wildpinkelei dermaßen eskaliert, hängt nach Angaben von Kriminalexperten von der Situation ab. Oft sei Alkohol im Spiel und der gewalttätigen Auseinandersetzung gehe ein Wortgefecht voraus, sagte Thomas Bliesener, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen in Hannover. „Da gibt es eine besondere Dynamik, so dass sich das hochschaukelt.“ Wildpinkler seien zudem ein leicht anzugreifendes Objekt, sagte der Bremer Profiler Axel Petermann. „Sie stehen da mit geöffneter Hose, urinieren und zeigen dabei wohl regelmäßig den Tätern ihren Rücken.“ (dpa)