Buntes Kunstlabyrinth: Nationalmuseum Stockholm vor Neueröffnung
Stockholm (APA) - Hinter den Rosetten, die das Deckengemälde zieren, verbergen sich die Lamellen eines hochmodernen Belüftungssystems, aus i...
Stockholm (APA) - Hinter den Rosetten, die das Deckengemälde zieren, verbergen sich die Lamellen eines hochmodernen Belüftungssystems, aus ihrer Mitte ragt - fast unsichtbar - ein Feuerlöscher. Fünf Jahre lang wurde das Schwedische Nationalmuseum in Stockholms Zentrum renoviert. Am Samstag wird es wiedereröffnet: als dicht behängter Parcours, der Kunst- und Designgeschichte aus 600 Jahren als Erlebnisraum begreift.
„An der neuen Sammlungspräsentation arbeiten wir seit zehn Jahren“, erklärte Projektleiterin Helena Kaberg vor internationalen Journalisten am heutigen Donnerstag. Ziel war es, sich zahlreicher überholter Museumskonventionen zu entledigen: Vor dem Umbau beherbergte das Haus rund 1.700 Objekte, die - geordnet nach Nationalitäten, „Schulen“ und Materialien - in eingebauten White Cubes präsentiert wurden.
Heute gibt sich das 1866 eröffnete Prunkgebäude in jeder Hinsicht bunter: Die Fenster wurden wieder freigelegt und lassen Blicke auf die Skyline von Stockholm in ein Haus, das auf drei Seiten von Wasser umgeben ist. Die Decken wurden vom Weiß befreit und die originalen Dekorationen wiederhergestellt. Die Wände wurden in knalligen Farben gestrichen und ein Modulsystem von mobilen Zwischenwänden eingezogen, das eine dichte, mitunter labyrinthische Hängung erlaubt. Statt künstlicher Kategorien wurden organische Räume gebaut: Design und Kunst gehören zusammen, Möbelstücke, Alltagsgegenstände, Kunstwerke, gemischt nach Herkunft, aber geordnet nach inneren Zusammenhängen - und chronologisch.
Vom 15. Jahrhundert, als das schwedische Königshaus Kunst zu sammeln begann, bis in die Nachkriegszeit und zu den Anfängen des Siegeszugs schwedischen Designs reicht die Präsentation, die nun mehr als 5.000 Objekte umfasst. Wandvorhänge aus der Renaissance, einige hochkarätige Rembrandt-Zeichnungen, die aufgrund verbesserter Lichtbedingungen nach langer Zeit erstmals gezeigt werden können, eine barock gehängte Gemäldegalerie flämischer Meister, ein silberner Backgammon-Spieltisch aus dem königlichen Kinderzimmer, Vasen und Geschirr, dazu Bellotto und Regnier und ein verspielter goldener Vogelkäfig. In den mit Ausstellungswänden üppig durchzogenen Räumen kann es durchaus eng werden.
Im ersten Stock geht die Wunderkammer der Kunst- und Designgeschichte dann großen Schrittes auf die Moderne zu. Sonnenblumengelbe und violette Wände weisen den Weg - „manche sagen, unsere Farbwahl sei mutig“, meint Kaberg lächelnd - vor türkisem Hintergrund trifft französische auf schwedische Moderne, Paul Cezanne auf Anders Zorn etwa, Claude Monet auf August Strindberg, aber auch auf ihre japanischen Einflüsse und ihre Zuträger aus Kunsthandwerk und Design. Eine üppige Kredenz des Art Nouveau wird schon im nächsten Zimmer abgelöst von spezifisch schwedischem Gestalten der 1920er. Bastelten sich die skandinavischen Designer ihre Marke an der Schwelle des 20. Jahrhunderts noch durch Wikinger-Darstellungen, setzte sich schon vor dem Zweiten Weltkrieg eine Vision durch, die nordisches Design schließlich zu Weltruhm geführt hat: Qualität für alle.
Diesem Motto, das höchsten gestalterischen Anspruch mittels industrieller Produktionsformen für jedermann zugänglich macht, trugen nicht nur die schwedischen Gestalter der Nachkriegszeit bereits höchst nachhaltig Rechnung, er prägt das Selbstverständnis bis heute. Spürbar mit allen Sinnen wird das nicht zuletzt im neuen Restaurant des Museums: Für die Inneneinrichtung haben 30 schwedische Designer und Künstler Gegenstände und Möbel kreiert - von der schlichten ovalen Salatschüssel bis zu den arabesk verzierten Holzküchenschränken - „nichts davon ist ein Einzelstück“, sagt Kaberg. Jeder kann, soll, darf kopieren und nachkaufen. Dass maximale Qualität bei erschwinglichem Preis dabei auch für die Kulinarik gilt, versteht sich von selbst.
(S E R V I C E - www.nationamuseum.se)