Fußball: WM-Zweiter Kroatien im Geisterspiel gegen England gefordert
Rijeka/Brüssel (APA/dpa/sda) - 89 Tage nach dem Ende der WM-Party geht es für Kroatien gegen den Abstieg. Das 0:6-Debakel im ersten Gruppens...
Rijeka/Brüssel (APA/dpa/sda) - 89 Tage nach dem Ende der WM-Party geht es für Kroatien gegen den Abstieg. Das 0:6-Debakel im ersten Gruppenspiel der Nations League gegen Spanien setzt den Fußball-Vizeweltmeister vor dem Duell mit dem WM-Vierten England am Freitagabend (20.45 Uhr) in Rijeka schon unter Druck. Ähnliches gilt aber auch für den Gegner, der sein Auftaktmatch zu Hause gegen Spanien 1:2 verloren hat.
„Wir brauchen Punkte gegen England“, machte Trainer Zlatko Dalic vor der Revanche für das WM-Halbfinale von Moskau unmissverständlich klar und sprach von einer „großen Aufgabe“. Denn verliert das Team um Weltfußballer Luka Modric erneut, wird der Klassenverbleib in der A-Liga des neu geschaffenen UEFA-Bewerbs wohl zur „Mission Impossible“.
Dalic muss nach der starken Weltmeisterschaft, die erst am 15. Juli mit der 2:4-Finalniederlage gegen Frankreich endete, einen großen Umbruch meistern. Seine Mammutaufgabe besteht unter anderem darin, den zurückgetretenen Stürmerstar und Endspiel-Torschützen Mario Mandzukic und Elfmeter-Killer Danijel Subasic im Tor zu ersetzen. Zudem plagen den Coach Verletzungssorgen. Marcelo Brozovic, Sime Vrsaljko, Lovre Kalinic, Duje Cop, Ivan Strinic und Ivan Santini fallen allesamt für das Heimspiel aus.
Liverpools kroatischer Verteidiger Dejan Lovren ist dennoch zuversichtlich. „Dieses 0:6 hat niemand erwartet, aber wir werden zeigen, dass es nur eine unglaublich schlechte Nacht für uns war, in der Spanien buchstäblich alles in ein Tor umgemünzt hat“, sagte der 29-Jährige. „Wir kennen unseren Wert und werden ihn zeigen.“
Nach dem Abschied der Routiniers kommt es nun noch mehr auf das bei der WM so geniale Mittelfeld-Duo Modric und Ivan Rakitic an. Beide Stars sind jedoch mit Sorgen aus ihren jeweiligen Vereinen zur Nationalmannschaft gereist. Modric hat mit Real Madrid aus den vergangenen vier Pflichtspielen nur einen Punkt geholt. Rakitic und der FC Barcelona warten seit fünf Ligapartien auf einen Sieg. Über ein Erfolgserlebnis, ausgerechnet in England, durfte sich Rakitic zuletzt immerhin freuen: Beim 4:2-Sieg Barcas in der Champions League bei Tottenham Hotspur gelang dem 30-Jährigen ein Traumtor.
Anders als bei ihren Vereinen gewohnt, müssen Rakitic, Modric und Co. mit der Nationalmannschaft schon zum wiederholten Mal auf die Unterstützung ihrer Fans verzichten. Wegen rassistischer Vorfälle findet die Partie in Rijeka vor leeren Rängen statt. Das ärgert sogar Gäste-Trainer Gareth Southgate, dessen Vertrag kürzlich bis 2022 verlängert wurde. „Das ist nicht ideal, aber die Burschen sind sich bewusst, dass sie für England spielen. Ich hätte lieber ein pulsierendes Stadion gehabt.“
Southgate will sein Team kontinuierlich weiterentwickeln und an großen Aufgaben wachsen lassen. Im Rückblick auf die 1:2-Niederlage nach Verlängerung im WM-Halbfinale gegen die Kroaten zeigte er sich als fairer Verlierer: „Kroatien hatte es verdient, im Sommer ins Finale zu kommen, das müssen wir akzeptieren. Aber ich habe seitdem ein paar Gespräche mit ihrem Trainer gehabt, und wir waren uns einig: Je mehr große Spiele man spielt, desto mehr lernt man, mit dem Druck umzugehen und am Ende ans Ziel zu kommen.“
Auf die Schweiz, die zum Auftakt einen souveränen 6:0-Heimsieg gegen Island gefeiert hat, wartet am Freitagabend in Brüssel gegen den WM-Dritten Belgien ebenfalls ein Härtetest. Vor allem die Defensive der Eidgenossen ist gefordert, schossen die „Roten Teufel“ bei der Weltmeisterschaft in Russland doch mit 16 Toren die meisten aller 32 Teams. „Über Belgien muss man nicht viel reden“, betonte der Schweizer Teamchef Vladimir Petkovic. „Sie haben eine goldene Generation.“
Das Duell mit der Nummer eins im FIFA-Ranking ist im Kampf um den Gruppensieg wegweisend, haben doch auch die Belgier gegen Island schon 3:0 gewonnen. Dass die Schweiz mit Kontrahenten dieses Kalibers mithalten kann, bewies sie beim 1:1 vor der WM gegen Spanien und beim 1:1 bei der Endrunde gegen Brasilien. „Wir wollen auch in Belgien mit Selbstvertrauen antreten und punkten“, lautete deshalb die Zielsetzung von Petkovic.