IWF-Chefin Lagarde rüffelt Trump wegen „Verrückt“-Sager über die Fed
Nusa Dua/Washington (APA/dpa) - IWF-Chefin Christine Lagarde hat der Wirtschaftspolitik von Donald Trump und dessen Angriffen auf die eigene...
Nusa Dua/Washington (APA/dpa) - IWF-Chefin Christine Lagarde hat der Wirtschaftspolitik von Donald Trump und dessen Angriffen auf die eigene Zentralbank eine deutliche Abfuhr erteilt. Sie eröffnete die Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank am Donnerstag mit scharfer Kritik am Vorgehen des US-Präsidenten.
Das System des weltweiten Handels dürfe nicht zerstört werden, sagte Lagarde zu Beginn des Treffens in Nusa Dua (Indonesien) vor dem Hintergrund einer sich abschwächenden Weltkonjunktur. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zeigte sich optimistisch zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands.
Trump hatte erklärt, die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) sei wegen ihrer raschen Zinserhöhungen „verrückt geworden“. Lagarde entgegnete hierauf, Notenbank-Chef Jerome Powell und der Fed-Vorstand wirkten sehr solide und seriös. „Ich würde ihn nicht mit Verrücktheit in Verbindung bringen“, sagte die IWF-Chefin dem US-Sender CNBC.
Lagarde räumte einen Reformbedarf des Handelssystems unter dem Dach der Welthandelsorganisation (WTO) ein - wie schon tags zuvor deren Präsident Roberto Azevedo. Ihre Forderung: „Repariert es, aber zerstört es nicht.“ Die Regeln des Welthandels hätten allen Nationen genutzt. Weltbank-Präsident Jim Yong Kim hatte erklärt, die Welt brauche „mehr Handel, nicht weniger“. Die Globalisierung habe Millionen Menschen aus der Armut geführt. Dies müsse weitergehen.
Auf dem Hinflug von Scholz gab es an Bord des deutschen Regierungs-Airbus „Konrad Adenauer“ kurzzeitig Überlegungen, wegen eines Erdbebens der Stärke 6,3 nahes des Konferenzortes auf Bali einen Zwischenstopp in Bangkok oder Singapur einzulegen - es gab vom Flieger aus Rücksprachen mit der Botschaft und den Behörden vor Ort in Indonesien. Dann gab es Entwarnung. Rund 34.000 Teilnehmer werden zum wichtigsten Treffen von Finanzministern - darunter auch Hartwig Löger aus Österreich -, Bankenchefs und Finanzexperten erwartet.
Scholz zeigte sich besorgt über die hohe Verschuldung vieler Schwellen- und Entwicklungsländer, die bei einem Einbruch dann womöglich nicht mit einem Konjunkturpaket reagieren können. Die Schuldenlast der öffentlichen und privaten Haushalte ist laut IWF auf 182 Billionen Dollar (158,3 Billionen Euro) angewachsen - ein Rekord. Die Summe liegt um 60 Prozent über dem Wert von 2007, also vor der letzten Finanzkrise.
Es gehe zum Beispiel darum zu verhindern, „dass die Länder Afrikas in eine zu hohe Verschuldung geraten, ohne ihre Wachstumsperspektiven zu verschlechtern“, sagte Scholz. Die deutsche Regierung hat wegen der hohen Flüchtlingszahlen in den vergangenen Jahren das Ziel ausgegeben, Fluchtursachen zu bekämpfen. Daher wird die Entwicklung gerade auf diesem Kontinent sehr aufmerksam verfolgt.
Die IWF-Chefin hatte bereits zuvor betont, Zentralbanken müssten ihre Zinsbeschlüsse gemäß ökonomischen Indikatoren treffen. Wenn das Wachstum stark und die Arbeitslosigkeit extrem niedrig sei, müssten sie „die Entscheidungen treffen, die sie treffen“, betonte die frühere französische Finanzministerin.
Die Fed hat in diesem Jahr schon drei Mal den Leitzins in den USA erhöht, ein vierter Schritt gilt als wahrscheinlich. Trump befürchtet offensichtlich vor den Kongresswahlen, dass der Boom in der US-Wirtschaft dadurch gebremst werden könnte. Am Mittwoch war es zu einem deutlichen Kurssturz an den US-Börsen gekommen. Trump spricht im Wahlkampf stets von Börsenrekorden während seiner Präsidentschaft.
Auch beim Streit um angebliche Wechselkurs-Manipulationen Chinas stellte sich Lagarde nicht auf die Seite Trumps. Die jüngsten Ungleichgewichte hätten viel mit dem starken Dollar zu tun, sagte sie. Im Vergleich zu einem Korb mit mehreren Währungen habe der chinesische Yuan nicht im selben Maße verloren wie zum Dollar.
Der starke Dollar und die steigenden Zinsen in den USA sind allerdings ein Problem für die Weltwirtschaft. Der IWF befürchtet etwa Kapitalabflüsse aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Zudem könnten in US-Dollar aufgenommene Schulden für diese Staaten und dort angesiedelte Unternehmen sehr teuer werden.
Der IWF hatte bereits am Dienstag in seinem Weltwirtschaftsbericht die Wachstumsprognose für die globale Wirtschaft zurückgenommen. Während noch im April mit einem Wachstum von 3,9 Prozent für die Jahre 2018 und 2019 gerechnet worden war, wurde diese Einschätzung nun auf 3,7 Prozent zurückgenommen. „Die Wirtschaft ist stark, aber sie ist nicht stark genug“, sagte Lagarde.
http://www.imf.org ~ APA363 2018-10-11/15:13