Mission „BepiColombo“ 1 - Countdown für den Flug zum Merkur

Graz/Wien/Berndorf (APA) - Unter dem Namen „BepiColombo“ wollen Europa und Japan am 20. Oktober vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in F...

Graz/Wien/Berndorf (APA) - Unter dem Namen „BepiColombo“ wollen Europa und Japan am 20. Oktober vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana aus eine wissenschaftliche Mission zum Planeten Merkur schicken. Bei dieser Erkundungsreise zum sonnennächsten und zugleich kleinsten und am wenigsten erforschten Planeten ist auch High-Tech und Know-how aus Österreich mit an Bord.

Im Rahmen von „BepiColombo“ der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) und der japanischen Raumfahrtagentur JAXA werden erstmals zwei Weltraumsonden zugleich zum Planeten Merkur fliegen, wie Wolfgang Baumjohann, Direktor des Grazer Instituts für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Gespräch mit der APA im Vorfeld des Starts erklärte. Das Grazer IWF ist federführend an drei Messgeräten beteiligt.

„Die beiden Orbiter werden den Planeten von zwei unterschiedlichen elliptischen Umlaufbahnen zeitgleich beobachten“, schilderte der Grazer Institutsleiter. Insgesamt werden sie mehr als ein Dutzend Messinstrumente tragen und auf dem von der ESA gebauten Merkur-Transportmodul (M) zunächst sieben Jahre lang unterwegs sein, bis sie die Merkur-Zielumlaufbahn erreichen. Merkur zählt wegen seiner Nähe zur Sonne zu den noch am wenigsten erforschten Planeten im inneren Sonnensystem. Bisher war er nur von zwei NASA-Missionen in den Fokus gerückt worden.

Der kleine Planet ist mit einem Durchmesser von 4.878 Kilometern nur wenig größer als der Erd-Mond. Bei einer mittleren Sonnenentfernung von 57,9 Millionen Kilometern beträgt seine Umlaufzeit um die Sonne etwa 88 Tage, die Rotationsperiode 58,65 Tage. Aus der Kombination dieser Drehbewegungen ergibt sich, dass der Wechsel zwischen Tag und Nacht ganze 176 Tage dauert. Auf der Sonnenseite des sonnennahen Planeten herrschen Temperaturen von etwa 430 Grad Celsius, die Nachtseite kühlt auf minus 180 Grad Celsius ab.

Vom wissenschaftlichen Programm der Mission erwarten sich die Forscher revolutionäre Erkenntnisse über die Entwicklung von in der nächsten Umgebung der Sonne befindlicher Planeten und die Entstehung des Sonnensystems insgesamt. „Die Nähe zur Sonne und die damit verbundenen Temperaturen stellen bei der Erforschung des Planeten natürlich eine besondere Herausforderung für die Technik dar“, umriss Baumjohann.

„BepiColombo“ besteht aus den beiden Forschungssonden MPO und MMO: Der Merkur-Planetenorbiter der ESA (MPO) erforscht die Oberfläche des weitgehend unbekannten Himmelskörpers. Die japanische Sonde MMO wird in einer Entfernung von 11.640 Kilometern bis minimal 680 Kilometern den Planeten umrunden.

Das Magnetfeldmessgerät (Mermag M) auf dem japanischen Orbiter MMO hat das Grazer IWF entwickelt und gebaut. Die wichtigsten wissenschaftlichen Ziele der japanischen Sonde sind aus der Perspektive von Baumjohann die Erforschung der Struktur und Dynamik der Magnetosphäre des Merkur und deren Wechselwirkung mit dem noch sehr jungen und ungestümen Sonnenwind.

Die Entwicklung von Magentfeldmessgeräten (Magnetometern) hat eine lange Tradition am IWF: Die ersten Geräte flogen bereits Anfang der 1980er-Jahre an Bord der russischen VENERA-Raumsonden in den interplanetaren Raum. Im Rahmen internationaler Weltraummissionen flogen Magnetometer des IWF aber auch zum Mars, zu Asteroiden und Kometen.