Kleine Zeitreise im Praktikum
Sistrans – Händisches Melken erfordert Geschick und Routine. „Und es ist anstrengend. Ich brauche auch doppelt so lang dazu wie der Ferdi, a...
Sistrans –Händisches Melken erfordert Geschick und Routine. „Und es ist anstrengend. Ich brauche auch doppelt so lang dazu wie der Ferdi, aber es wird schon“, sagt David Erjan (18). Seine dunkelbraunen Augen funkeln unter dem Rand des Filzhuts. Ihm ist bewusst, dass er für sein Alter Außergewöhnliches leistet. Auch seine Zukunftspläne und Visionen heben sich deutlich vom Einheitsbrei ab.
Ferdi Jennewein ist ein 83-jähriger Bauer aus Sistrans, der sich aus gesundheitlichen Gründen gerade nicht um sein Rindvieh im Stall kümmern kann. Weil das Bauerngut sehr einfach gestrickt ist und auf jegliche Technik verzichtet wird, kamen nur sehr wenige Leute in Frage, die dem alten Mann überhaupt aus der Patsche helfen konnten.
David Erjan gehörte zu dem Kreis und war prompt dazu bereit. Er hatte für den Sommer ohnedies keine großen Pläne. Großvater Adolf wollte es noch einmal wissen und die Isshütte auf der Sistranser Alm bewirtschaften, ohne tatkräftige Unterstützung des Enkels wäre das aber eine zu große Herausforderung gewesen, immerhin ist der Opa auch schon 79 Jahre alt. Auch wenn eine Amerikareise mit der Familie sehr verlockend gewesen wäre. „Das kann ich immer noch machen, die Zeit mit dem Adi-Opa auf der Alm war mir da wichtiger. Er ist mein Vorbild.“
Überhaupt, die Schuld an allem dürfte der Opa tragen. Er hat den jungen Mann ganz wesentlich geprägt. Der Großvater hatte als Kind sehr bald seinen Vater verloren und die Familie war nicht in der Lage, ohne ihn die Landwirtschaft weiterzubetreiben. Nach seiner Pensionierung vor 21 Jahren hat sich der Fernfahrer seinen Lebenstraum erfüllt. Seither geht er Sommer für Sommer auf die Alm.
Die Liebe zu Natur und Vieh dürfte auf den Enkel übergesprungen sein. Somit war auch die Schulwahl keine große Herausforderung. Auf die Landwirtschaftliche Lehranstalt Weitau in St. Johann hält David Erjan große Stücke. Vor allem die Ferialpraktika waren für den jungen Mann einschneidende Erlebnisse. Etwa in Obergurgl Heu mit der Sense zu mähen und am Rücken über das unwegsame Gelände zu tragen, gehörte genauso dazu wie mit Riesentraktoren eine überdimensionale Biogasanlage in der Nähe von Ingolstadt in Deutschland zu füttern.
Doch welchen Weg wird der Sistranser nun einschlagen? „Nach einem imposanten Vortrag an der Schule fand ich den Beruf des Käsers attraktiv.“ Vor Kurzem begann er eine Lehre in einem Kleinbetrieb in Rotholz. „Klein und fein, das war mir wichtig, ich möchte das Produkt in Händen halten und nicht irgendwelche Roboter bedienen müssen.“ (mars)