Nicht nur Fall Brunson belastet Verhältnis Türkei-USA

Istanbul/Washington (APA/AFP) - Ein türkisches Gericht entscheidet am Freitag über die Freilassung des US-Pastors Andrew Brunson. Die Inhaft...

Istanbul/Washington (APA/AFP) - Ein türkisches Gericht entscheidet am Freitag über die Freilassung des US-Pastors Andrew Brunson. Die Inhaftierung des evangelikalen Geistlichen unter vagen Terrorvorwürfen belastet seit Monaten das Verhältnis der Türkei zu den USA.

Im August eskalierte der Streit, was die türkische Lira auf Talfahrt schickte. Eine Freilassung Brunsons wäre ein wichtiger Schritt zur Entspannung, doch ist es keineswegs der einzige Streitpunkt zwischen den Nato-Partnern.

PROZESS GEGEN US-PASTOR BRUNSON

US-Präsident Donald Trump und sein Vize Mike Pence fordern die Freilassung des evangelikalen Geistlichen, der seit Oktober 2016 unter dem Vorwurf der Spionage sowie der Unterstützung der kurdischen PKK-Guerilla und der Gülen-Bewegung in U-Haft sitzt. Im August verhängte Trump deshalb Sanktionen gegen die türkischen Minister des Inneren und der Justiz und beschloss die Verdopplung der Zölle auf türkische Aluminium- und Stahlimporte.

Die Türkei reagierte mit gleichen Maßnahmen. Der Streit führte zu einem dramatischen Einbruch der türkischen Lira, was in der Türkei die Sorge vor einer Wirtschaftskrise heraufbeschwor. Beobachter erwarten nun, dass der Richter Brunson freilässt, um den Streit beizulegen. Zwar betont Ankara in dem Fall die Unabhängigkeit der Justiz, doch hatte Erdogan im September 2017 vorgeschlagen, den Pastor gegen Fethullah Gülen auszutauschen.

AUSLIEFERUNG VON FETHULLAH GÜLEN

Seit dem gescheiterten Militärputsch von Juli 2016 verlangt die Türkei die Auslieferung des im US-Exil lebenden islamischen Predigers, den sie für den Umsturzversuch verantwortlich macht. Zur Empörung Ankaras haben die US-Behörden bisher keine rechtlichen Schritte gegen den umstrittenen Prediger unternommen, der seit 1999 in Pennsylvania lebt. Nach US-Angaben hat die Türkei keine gerichtsfesten Beweise für die Schuld Gülens vorgelegt.

US-PROZESS GEGEN HALKBANK

In den Medien wurde auch über einen Austausch Brunsons gegen den in den USA inhaftierten türkischen Banker Mehmet Hakan Atilla spekuliert. Der Vizechef der staatlichen Halkbank war im Mai von einem New Yorker Gericht wegen Verstößen gegen die US-Iran-Sanktionen zu 32 Monaten Haft verurteilt worden. Der Halkbank droht zudem wegen ihrer Rolle in den Iran-Geschäften des Geschäftsmanns Reza Zarrab eine saftige Geldstrafe.

INHAFTIERUNG WEITERER US-BÜRGER

Neben dem Brunson-Prozess sorgt auch die Verfolgung mehrerer weiterer US-Bürger in der Türkei für Streit, darunter der Nasa-Wissenschaftler Serkan Gölge und mehrere Ortskräfte der US-Botschaft. Nach der Festnahme eines türkischen Mitarbeiters des Istanbuler US-Konsulats im Oktober setzten die USA die Visa-Vergabe aus, woraufhin die Türkei es ihnen gleichtat. Erst Ende Dezember konnte der Streit beigelegt werden.

US-MILITÄRHILFE FÜR SYRISCHE KURDEN

Die Türkei ist ihrerseits verärgert über die Unterstützung der USA für die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Nordsyrien, die Ankara wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als Bedrohung ansieht. Trotz des Drängens der Türkei halten die USA an der Militärhilfe für die YPG fest, die sie als schlagkräftigen Partner im Kampf gegen die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) schätzen.

KAUF VON RUSSISCHEN S400-RAKETEN

Die USA sind alarmiert über Pläne der Türkei zum Kauf von russischen Flugabwehrraketen vom Typ S400. Washington fürchtet eine Hinwendung ihres Nato-Partners zu Moskau. Es besteht konkret die Sorge, dass das russische Militär damit wichtige Informationen zu Nato-Flugbewegungen erhält. Ankara begründete die Entscheidung für die russischen Waffen damit, dass die USA ihr keine Patriot-Raketen verkaufen wollten.

LIEFERUNG VON F35-KPFFLUGZEUGEN

Wegen des Brunson-Prozesses und des Streits um die S400-Raketen setzte der US-Kongress im August die Lieferung von F35-Kampfflugzeugen an die Türkei aus. Ankara ist empört über die Entscheidung, da die Türkei seit Jahrzehnten an dem Programm zur Entwicklung des Kampfjets beteiligt ist.