Schweizer Think Tank gegen Kontrollen bei Firmenkauf durch Ausländer

Zürich (APA/awp/sda) - Übernahmen und bedeutende Beteiligungen ausländischer Investoren an Schweizer Unternehmen, wie etwa der Syngenta-Kauf...

Zürich (APA/awp/sda) - Übernahmen und bedeutende Beteiligungen ausländischer Investoren an Schweizer Unternehmen, wie etwa der Syngenta-Kauf durch Chemchina, werden auch in der traditionell offenen Schweiz zunehmend kritisch gesehen. Der liberale „Think Tank“ Avenir Suisse stellt sich nun in einer Studie entschieden gegen Kontrollen für ausländische Investitionen.

Der Protektionismus sei heute wieder auf dem Vormarsch - und dies auch im Bereich von Direktinvestitionen, stellte Avenir Suisse-Direktor Peter Grünenfelder am Freitag bei der Vorstellung der neuen Studie fest. Dabei verstelle wohl auch die Angst vor dem „Drachen“ China den Blick. In der Schweiz war es wegen der Syngenta-Übernahme, aber auch nach Käufen von „Traditionsunternehmen“ wie Gategroup, Kuoni, Sigg oder Eterna zu politischen Vorstößen in den Eidgenössischen Räten gekommen. Diskutiert wird etwa auch eine Erweiterung der Lex Koller auf die Energiewirtschaft - was laut Avenir Suisse de facto einem Verbot von ausländischen Direktinvestitionen gleich käme.

Auch in der EU wird derzeit ein Screening von Investitionen „zur Verteidigung strategischer Interessen“ durch die EU-Kommission angestrebt. Von diesem dürften laut Avenir Suisse auch Schweizer Unternehmen bei allfälligen Firmenkäufen in der EU betroffen sein.

In den letzten Jahrzehnten haben die Direktinvestitionen weltweit stark zugenommen, besonders „dramatisch“ in der Schweiz: Lag der Bestand an ausländischen Investitionen im Jahr 2000 in der Schweiz noch bei unter 40 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP), so lag diese Zahl 2015 bereits bei über 120 Prozent. Die Schweiz ist laut den Zahlen zum viertgrößten Investitionsstandort der OECD avanciert.

Für Avenir Suisse wirken sich ausländische Investitionen positiv auf die Produktivität, die Beschäftigung oder das Steueraufkommen aus. So seien die produktivsten Branchen der Schweiz diejenigen, wo es am meisten ausländische Investoren gebe, sagte Studienverfasser Marco Salvi. „Ausländische Investoren bringen oft Know-how mit aber auch den Zugang zu ihren Märkten.“

Die falsche Maßnahme wäre für Avenir Suisse entsprechend die Einführung staatlicher Kontrollen für ausländische Direktinvestitionen. Das zeige auch der Blick ins Ausland, wo der Erfolgsausweis solcher Kontrollen „eher ernüchternd“ sei. „Kontrollgremien sind selten unabhängig und stellen ein potenzielles Einfallstor für Aktivitäten von Interessenvertretern dar.“

Zudem wäre der Aufwand einer Schweizer „Screening-Behörde“ nach dem Vorbild des EU-Vorschlags beträchtlich: Wäre eine solche nach der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Richtlinie vorgegangen, wären 2016/2017 nicht weniger als 180 oder 46 Prozent der grenzüberschreitenden Akquisitionen kontrollpflichtig gewesen, so die Studie.

Auch unter den heutigen Regelungen sieht Avenir Suisse zudem keinen „schrankenlosen Zugang“ zur Schweizer Wirtschaft. So stehe dem Staat jederzeit die Möglichkeit einer Enteignung aus „Gründen der nationalen Sicherheit“ offen, zudem gehöre die Lex Koller zu den international restriktivsten Bestimmungen überhaupt.

Auch wenn sich Avenir Suisse klar gegen Investitionskontrollen stellt, sieht sie ein „Level playing field“ etwa mit China, das auch den Schweizer Unternehmen einen freien Marktzugang ermögliche, als erstrebenswertes Ziel. Allerdings solle dies nicht dadurch erreicht werden, dass man auf Protektionismus mit protektionistischen Maßnahmen reagiere: „Das wäre kontraproduktiv“, gab sich Salvi überzeugt.

Insgesamt empfiehlt die liberale Denkfabrik entsprechend, dass die Offenheit gegenüber ausländischen Investoren ausgebaut und nicht abgebaut werden müsse. Die wahrscheinlichste Bedrohung für die Schweiz durch Übernahmen sieht Avenir Suisse in der Einschränkung des Wettbewerbs. Entsprechend solle die Fusionskontrolle mit Unternehmen aus dem In- und Ausland gestärkt werden.