Katalonien - Kraxeln für die Unabhängigkeit

Barcelona (APA) - Menschen gehen oftmals über Berge, um Dinge zu erreichen, die ihnen besonders am Herzen liegen. Kataloniens Separatisten s...

Barcelona (APA) - Menschen gehen oftmals über Berge, um Dinge zu erreichen, die ihnen besonders am Herzen liegen. Kataloniens Separatisten steigen sogar auf die höchsten Gipfel ihrer Region, um der Unabhängigkeit Kataloniens, der Rückkehr ihrer Exil-Politiker und vor allem der Freilassung ihrer „politischen Gefangenen“ etwas näher zu kommen.

Rund 11.000 Unabhängigkeitsbefürworter bestiegen am Samstag die 18 höchsten Gipfel Kataloniens, um erneut auf ihre politischen Ziele aufmerksam zu machen. Organisiert wurde die Aktion von der separatistischen Bürgerplattform „Gipfel für die Freiheit“. Auch zahlreiche Mitglieder der separatistischen Regionalregierung nahmen teil.

Kataloniens Ministerpräsident Quim Torra ging mit gutem Beispiel voran. Er ist zwar nicht bekannt als Bergwanderer, gilt sogar als sehr unsportlich. Doch man weiß auch, dass er für die Abspaltung Kataloniens von Spanien und die „politischen Gefangenen“ so ziemlich alles tut. So bestieg Torra am Samstag den 1.500 Meter hohen Puigsacalm-Gipfel, der symbolisch für die Rückkehr seines Amtsvorgänger Carles Puigdemont aus dem belgischen Exil erklommen wurde.

Jeder Gipfel wurde einem anderen Politiker oder Unabhängigkeitsaktivisten gewidmet, der sich wegen der Durchführung des illegalen Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober 2017 und des anschließenden Abspaltungsbeschlusses entweder in Untersuchungshaft oder auf der Flucht vor der spanischen Justiz im Ausland aufhält.

Not macht ja bekanntlich erfinderisch. Und wenn weder Europa noch Madrid auf die Unabhängigkeitsrufe eingehen, erfindet man halt medienwirksame Aktionen, um das Thema in den Medien und Debatten permanent am Leben zu halten. So machten Kataloniens Separatisten immer wieder mit spektakulären Veranstaltungen auf ihre politischen Ziele aufmerksam: Mal bildeten sie über 200 km lange Menschenschlangen entlang der katalanischen Mittelmeerküste oder verwandelten die Strände der Costa Brava in Friedhöfe mit gelben Kreuzen, die an die politischen Gefangenen erinnerten.

Auf keiner separatistischen Großveranstaltung fehlen die sogenannten Castells, bis zu 30 Meter hohe Menschentürme. Kataloniens Separatisten zeigten sich auch in der Nacht vor dem verfassungswidrigen Unabhängigkeitsreferendum äußerst kreativ. Damit die Polizei am frühen Morgen nicht die Schulen absperren konnten, die als Wahllokale dienen sollten, räumten separatistische Elternverbände bereits in der Nacht zuvor Schulfeste mit Yoga-Kursen, Dart-Turnieren, Filmvorführungen und Kochwettbewerben an, damit die Schulen nicht geschlossen werden konnten.

Natürlich geht es beim Rühren der separatistischen Werbetrommel immer kunterbunt und perfekt ausgestattet ab: Wer will, kann sich komplett mit den Farben und dem Symbol der katalanischen Unabhängigkeitsflagge, der Estelada, verkleiden. Und die meisten wollen. So gibt es „separatistische“ Brillen, Schlüsselanhänger, T-Shirts, Socken und Hundeleinen, damit auch der Hund adäquat zur Unabhängigkeitsdemo erscheinen kann. Hardcore-Separatisten können Weihnachten sogar mit einer ganz besonderen Krippe feiern, bei welcher über den Heiligen Drei Königen ein Stern in den Farben der Estelada scheint.

So ist es kaum verwunderlich, dass es seit einem Jahr auch mehr als satirische Gegenbewegungen wie „Tabarnia“ gibt. Die anti-separatistische Bürgerbewegung will die Unabhängigkeit ihrer fiktiven „Republik Tabarnia“ von Katalonien ausrufen. Der Name, mit dem den Abspaltungsbefürwortern ein Spiegel vorgehalten werden soll, setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Städte Tarragona und Barcelona zusammen, in denen die Separatisten bei dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 keine Mehrheit erringen konnten.