Halbzeit für Schwarz-Blau in Oberösterreich
Linz (APA) - Die die oö. Proporzregierung gemeinsam dominierenden ÖVP und FPÖ haben die Hälfte der Legislaturperiode hinter sich gebracht. L...
Linz (APA) - Die die oö. Proporzregierung gemeinsam dominierenden ÖVP und FPÖ haben die Hälfte der Legislaturperiode hinter sich gebracht. Laut Umfragen schadeten ihnen weder Kindergartengebühr noch andere Sparmaßnahmen. Die Reform der Mindestsicherung gilt als Vorbild für den Bund, muss aber noch gerichtlich bestehen. Viele Integrationspläne mit Symbolcharakter ließen sich aber kaum wie gewünscht umsetzen.
Am 22. Oktober 2015 wurde das schwarz-blaue Arbeitsübereinkommen präsentiert, tags darauf die neue Landesregierung aus vier ÖVP- und drei FPÖ-Mitgliedern und je einer SPÖ-Landesrätin und einem Grünen Landesrat angelobt. Eine der größten und meistdiskutierten Maßnahmen war die Reform der Mindestsicherung, die mit zwei Novellen kräftig gestutzt wurde: Zum einen bekommen subsidiär Schutz- und befristet Asylberechtigte seit Juli 2016 einen deutlich niedrigeren Satz (365 Euro plus 155 Euro Integrationsbonus statt 921 Euro). Zum anderen wurde ein Deckel (1.512 Euro pro Haushalt) eingezogen.
Beide Bestimmungen werden derzeit auf Betreiben des Landesverwaltungsgerichts (LVwG) geprüft: Bezüglich Kürzung hat es den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Klärung gebeten, bezüglich der Deckelung den Verfassungsgerichtshof (VfGH), der bereits das ähnliche, wenn auch nicht idente niederösterreichische Modell gekippt hat.
Zu Beginn der Legislaturperiode wurden auch viele - von Kritikern als Symbolpolitik bezeichnete - Leuchtturmprojekte im Bereich der Integration in Angriff genommen. Das Ergebnis ließ sich aber mit „Es wird nicht so heiß gegessen wie gekocht“ subsumieren: Manches scheiterte an der Zuständigkeit, manches trat nur in recht abgemilderter Form in Kraft.
Eines der ersten dieser Projekte war die Verankerung der Deutschpflicht in Schulen auch in den Pausen. Hier musste man feststellen, dass man das auf Landesebene nicht vorschreiben kann. Umgesetzt wurde lediglich die - freiwillige - Implementierung in den Hausordnungen. Der Landesschulrat empfahl dafür die relativ weiche Formulierung „Wir bemühen uns, auch außerhalb des Unterrichts Deutsch als gemeinsame Sprache zu verwenden“. Auch ein „Wertekodex“ für Schulen und Kindergärten fiel sehr gemäßigt aus. In Sachen Deutschpflicht in den Pausen erteilte zuletzt Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) diesem Anliegen eine Absage.
Ähnlich verlief auch die Debatte um ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst: Weil laut Verfassungsdienst des Landes für Mitarbeiter verschiedener Gebietskörperschaften die selben Vorgaben gelten sollen, entschloss man sich, auf eine eventuelle bundeseinheitliche Regelung zu warten. Zahlen, wie viele Frauen betroffen gewesen wären, wurden nie kommuniziert, es dürfte aber ein äußerst überschaubarer Kreis sein.
Das Integrationsleitbild wurde - vor allem ein Anliegen der FPÖ - überarbeitet. Dass es zu einem Vier-Parteien-Beschluss gekommen ist, dürfte daran liegen, dass die Formulierungen eher unverbindlich sind und wohl jeder das herausliest, was ihm zupasskommt. So heißt es auf der einen Seite: „Fehlende Bereitschaft oder gar Verweigerung hingegen haben Konsequenzen und sollten auch Sanktionen nach sich ziehen“, aber auch: „Niemand muss in Oberösterreich seine Herkunft, seine kulturellen Wurzeln oder religiösen Überzeugungen ablegen oder leugnen.“
Erkennbar umgekrempelt wurde hingegen die Budgetpolitik - allerdings erst 2018 unter Federführung des neuen LH und Finanzreferenten Thomas Stelzer (ÖVP). Mit dem ersten Budget unter seiner Ägide verpflichtete sich das Land 2018 gleichzeitig erstmals gesetzlich zum Nulldefizit durch eine Schuldenbremse. Demgemäß enthält es keine neuen Schulden, 67 Mio. Euro alte Verbindlichkeiten sollen abgebaut werden, ein Nachtragsbudget soll nicht mehr möglich sein. Die Prämisse lautet: Alle müssen sparen, damit man in Schwerpunkte investieren kann.
Der Rechnungsabschluss dieses Budgets steht noch aus, die Sparmaßnahmen haben aber bereits einige Aufschreie nach sich gezogen: Kürzungen im Kulturbereich und bei der Frauenförderung wurden teils scharf kritisiert. In der Kultur hat Stelzer für kommendes Jahr wieder eine Erhöhung der Mittel angekündigt. Den größten Wirbel hat wohl die Wiedereinführung der Nachmittagsgebühren im Kindergarten - gestaffelt nach Einkommen zwischen 42 und 110 Euro bei fünf Tagen pro Woche - ausgelöst. Selbst laut Angaben des Landes wurden daraufhin rund 20 Prozent aller Nachmittags-Kinder ganz oder zumindest an manchen Tagen abgemeldet. Diese Regelung soll aber dennoch bestehen bleiben.
Im Energiebereich wurden die Ziele aufgeweicht, etliche Kritiker sehen sogar eine Abkehr von der in den früheren schwarz-grünen Legislaturperioden festgeschriebenen Energiewende: Statt der bisherigen Vorgabe, Raumwärme und Strom bis 2030 gänzlich aus erneuerbaren Quellen bereitzustellen, setzt die neue Energiestrategie nur mehr auf relative - von der Wirtschaftsleistung abhängige - Ziele und Energieeffizienz. Einen klimapolitisch wichtigen Akzent setzte man allerdings mit dem aktuellen Budget, in dem erstmals mehr Geld für Öffis als für den Straßenbau enthalten ist.
Bereinigungen bei Bezirkshauptmannschaften wurden teils umgesetzt, teils gibt es aber noch Hürden: Die Bezirkshauptmannschaften von Eferding und Grieskirchen wurden - wie in der Regierungsvereinbarung festgehalten - zusammengelegt. Alle drei oberösterreichischen Statutarstädte Linz, Wels und Steyr tauschen mit ihren angrenzenden Bezirkshauptmannschaften Aufgaben aus. Mehr ist aber derzeit aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich.
In Personalfragen gab es durchaus - vor allem von Stelzer zielstrebig durchgesetzte - Änderungen. Der Vizerektor der pädagogischen Hochschule der Diözese Linz, Alfred Klampfer, löste den bisherigen Landesschulratspräsidenten Fritz Enzenhofer, der gerne noch in dem Amt geblieben wäre, ab und wurde neuer Bildungsdirektor. Dem überraschend abgelösten kaufmännischen Leiter des Landestheaters Uwe Schmitz-Gielsdorf folgt der vom Burgtheater abgeworbene Thomas Königstorfer demnächst nach. Als ORF-Stiftungsrätin wurde anstatt - der FPÖ nicht genehmen - Margit Hauft die JKU-Professorin Katharina Hofer entsandt.
Die Frauenquote der Landesregierung hat sich in der ersten Hälfte der Legislaturperiode leicht verbessert - was angesichts der null Prozent zum Start allerdings keine Herausforderung war. Mittlerweile gibt es zwei weibliche Regierungsmitglieder: SPÖ-Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer und aus den Reihen der ÖVP Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander, die im Dezember zur Landeshauptmann-Stellvertreterin aufrücken soll.
Der einstige Koalitionspartner der ÖVP, der Grüne Umweltlandesrat Rudi Anschober, musste seine Energieagenden hergeben und bekam dafür das - zunächst ungeliebte - Integrationsressort zugewiesen. Mittlerweile betreibt er dieses mit Engagement - Stichwort Asylwerber in Lehre - und Schwarz-Blau lässt ihn weitgehend gewähren. Die anfängliche Konfliktfront zwischen Blau und Grün hat sich nun stärker in Richtung Blau-Rot verlagert. SPÖ-Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer hat - obwohl sie sich nach längeren Querelen um das Budgets für ihr Ressort und den Schuldenabbau desselben mit Stelzer schließlich weitgehend verständigt hat - oft mit freiheitlicher Kritik und entsprechendem Gegenwind zu kämpfen.
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