Stereotypisch - Volksoper zeigt „Zar und Zimmermann“ von Lortzing

Wien (APA) - In Holland ist selbst der Mond ein Laib Käse. Wer die Schule politischer Korrektheit besucht hat, wird an Albert Lortzings „Zar...

Wien (APA) - In Holland ist selbst der Mond ein Laib Käse. Wer die Schule politischer Korrektheit besucht hat, wird an Albert Lortzings „Zar und Zimmermann“ in der Volksoper schwer kauen. Einen Horde nationaler Stereotypen hat Regisseur Hinrich Horstkotte auf die Bühne gestellt und die Verwechslungskomödie von jedem Deutungszwang befreit. Der Applaus bei der Premiere am Samstag galt guter Unterhaltung.

Flamen, Briten, Franzosen und natürlich Russen tummeln sich in Lortzings Oper, in der Zar Peter der Erste gemeinsam mit einem Namensvetter inkognito in einer niederländischen Werft schuftet, was diplomatische Konfusion auslöst. Zu sehr „Volksoper“ mag in dem turbulenten, aber wenig tief gehenden Spiel stecken, weswegen Zeitgenössische von dem Stück eher die Finger lassen. Horstkotte hat es gewagt und wurde dafür vom Publikum honoriert.

Horstkotte, der auch für Bühnenbild und Kostüme verantwortlich zeichnet, hat die Komödie zum Kammerspiel in einer weiß-blau verfliesten Werfthalle gemacht. Der Rest ist Slapstick und vor allem Klischee: Britische Gesandte im Sherlock-Holmes-Outfit, Franzosen mit Designer-Handtäschchen, Holländer in Holzschuhen. Wer sich darauf einlässt, wird mit einer rund erzählten Geschichte belohnt, die in keiner Minute das Tempo verliert.

Die gewichtigste Witzfigur ist dabei Lars Woldt als Bürgermeister. Er beeindruckt nicht nur mit Kugelbauch-Kostüm, sondern mit ausdrucksstarkem Bass. Auf Augenhöhe steht Bariton Daniel Schmutzhard als Zar, der auch für lyrische Momente inmitten des Verwechslungschaos sorgt. Mara Mastalir spielt die Bürgermeister-Nichte Marie flott, auch Carsten Süss als zweiter Peter legt den Schwerpunkt aufs Schauspiel. Dem „Franzosen“ Ilker Arcayürek fliegen auch außerhalb der Handlung die Herzen zu.

Trotz turbulenten Slapsticks packt Dirigent Christof Prick den Holzhammer nicht aus, sondern geleitet das Hausorchester in fast kammermusikalische, ausgewogene Gefilde. Auch der Chor des Hauses ließ sich die Herausforderungen des Stücks nicht anmerken und zeigte nebenbei noch Spielfreude. Gegen die Holzschuh-Tanzeinlage der Kinder konnte - zumindest bei der Publikumsgunst - erwartungsgemäß kein Ensemble ankommen.

(S E R V I C E - „Zar und Zimmermann“ von Albert Lortzing an der Volksoper, Währinger Straße 78, 1090 Wien. Regie, Bühnenbild und Kostüme: Hinrich Horstkotte, Dirigent: Christof Prick, Choreografie: Bohdana Szivacz, Choreinstudierung: Thomas Böttcher. Mit Daniel Schmutzhard - Peter der Erste, Carsten Süss - Peter Iwanow, Lars Woldt - van Bett, Mara Mastalir - Marie, Gregor Loebel - Admiral Lefort, Stefan Cerny - Lord Syndham, Ilker Arcayürek - Marquis von Chateauneuf, Sulie Girardi - Witwe Browe, Georg Wacks - Ein Ratsdiener. Weitere Aufführungen am 17., 21., 24. und 30. Oktober, am 5., 15., 19. und 28. November sowie am 2. Dezember. Karten: 01 / 513 1 513, www.volksoper.at)