Europäische Pressestimmen zum Verschwinden des Journalisten Khashoggi
Istanbul (APA/dpa) - Europäische Tageszeitungen beschäftigen sich am Sonntag mit den Folgen des Verschwindens des saudischen Journalisten Ja...
Istanbul (APA/dpa) - Europäische Tageszeitungen beschäftigen sich am Sonntag mit den Folgen des Verschwindens des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi:
„The Observer“ (London):
„Kronprinz Mohammed bin Salman ist praktisch zu einem Diktator geworden. Er glaubt, er könne straflos alles machen, was er will, und das der von den USA fehlgeleitete Westen sich vor allem aus wirtschaftlichen und strategischen Interessen zahm fügen wird. Schließlich macht er das schon seit Jahrzehnten so. Die Politik der Beschwichtigung und Förderung eines Regimes, das für grundlegende westliche Werte nur Verachtung übrig hat, war schon immer ein Fehler. Lediglich eine Wirtschaftskonferenz zu boykottieren und dem saudischen Botschafter bei einer Tasse Tee ein paar Fragen zu stellen, reicht bei Weitem nicht aus. Waffen zu verkaufen, mit denen jemenitische Kinder getötet werden, und die Inhaftierung saudischer Frauenrechtsaktivisten zu ignorieren - das ist moralisch unverantwortlich. Ebenso wie die grausame Ermordung eines unschuldigen Mannes, der nichts weiter getan hat als seine Meinung zu äußern.“
„Neue Zürcher Zeitung am Sonntag“ beschäftigt sich
„Noch sind es bloß Vermutungen. Doch sollte sich bewahrheiten, dass Riad den Journalisten Jamal Khashoggi im königlichen Konsulat in Istanbul brutal ermorden ließ, wäre dies ein weiterer Beleg dafür, wie repressiv Mohammed bin Salman Saudi-Arabien regiert. Daran ändern auch die von ihm angestoßenen Wirtschaftsreformen und neuen Freiheiten für Frauen nichts. Die Ermordung wäre aber auch ein weiterer Beleg dafür, dass Washington den impulsiven und unberechenbaren Machthaber schalten und walten lässt. Der 33-Jährige weiß, dass er von US-Präsident Donald Trump wenig befürchten muss. Und er lotet diese Freiheit kaltblütig aus, sei es, indem er Kritiker foltert und inhaftieren lässt, sei es, dass er einen blutigen Stellvertreterkrieg im Jemen führt oder einen Staat wie Katar isoliert, weil er ihm gerade etwas zu mächtig wird. Von Washington und vom Westen kommt wenig Kritik, geschweige denn Taten. Wird der Fall Khashoggi daran etwas ändern? Kaum.“
(Alternative Schreibweise: Dschamal Chaschukdschi)