Bayern-Wahl: CSU will nach Debakel „die Guillotine eingepackt“ lassen
München (APA/AFP) - Markus Söder schließt im Moment des Debakels die Reihen. Hinter ihm stehen seine bayerischen Minister, dazu Landtagsfrak...
München (APA/AFP) - Markus Söder schließt im Moment des Debakels die Reihen. Hinter ihm stehen seine bayerischen Minister, dazu Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer, als der Ministerpräsident seine zentrale Botschaft spricht. „Wenn Partei und Fraktion das wollen, bin ich bereit.“ Söder will trotz des Verlusts von mehr als zehn Prozentpunkten die nächste bayerische Regierung bilden - und darf das wohl auch.
Für CSU-Chef Horst Seehofer könnte es dagegen absehbar eng werden. Seehofer ist nicht dabei, als Söder kurz nach den ersten Prognosen von nur noch gut 35 Prozent vor die CSU-Anhänger tritt. Angeblich hat sich der Ministerpräsident den gemeinsamen Auftritt verbeten.
Als Söder in den Fraktionssaal tritt, ist die Stimmung gedrückt, aber gefasst. Obwohl Söder zuletzt offensiv die Aussagekraft der Umfragen angezweifelt hatte, war die Partei auf das Kommende vorbereitet. „Die Stimmung bei uns an der Basis ist am Boden“, sagte schon bei der CSU-Abschlusskundgebung am Freitagabend ein Vorstandsmitglied.
Tatsächlich erkennen manche Christsoziale in dem Ergebnis nun sogar eine Chance. Denn höchstwahrscheinlich ist für die CSU ein Zweierbündnis mit den Freien Wählern möglich - etwas Besseres konnte den Christsozialen nicht passieren, liegen die Freien Wähler in zentralen Fragen auf Linie der CSU.
Söder geht auch direkt auf Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger zu. „Ich habe eine Präferenz für ein bürgerliches Bündnis“, sagt der Ministerpräsident. Aiwanger ist einer der großen Gewinner der Wahl, seine Freien Wähler können auf ein Ergebnis von um die 11,5 Prozent und damit ihr bestes Ergebnis aller Zeiten hoffen. Noch herausragender ist das Ergebnis bei den Grünen, die wohl auf über 18,5 Prozent kommen.
Bei der Wahlparty der Grünen in der überfüllten Münchner Muffathalle forderten die Organisatoren die Anwesenden schon vor den ersten Prognosen auf, sich Getränke zum Anstoßen zu besorgen. Die Grünen liefen seit Wochen mit breiter Brust durch den Wahlkampf. Doch obwohl in den Umfragen Schwarz-Grün das Wunschbündnis vieler war, dürfte es wohl nur auf die Rolle des Oppositionsführers hinaus laufen.
Wer in Bayern in Zukunft mit der CSU regiert, muss sich nach den Vorgaben der Verfassung binnen vier Wochen entscheiden. Auch dieser hohe Zeitdruck stärkt Söder - Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer sagt unmittelbar nach Schließung der Wahllokale, es gebe „überhaupt keinen Zweifel“, dass Söder Ministerpräsident bleiben werde.
Aber was wird nun mit Seehofer? Auch der CSU-Chef stimmt in die gelassene Tonlage ein. „Meine Aufgabe als Parteivorsitzender ist, dass wir unsere politische Familie zusammenhalten.“ Er stehe zu seiner Verantwortung, die werde auch ausdiskutiert - eine Personaldiskussion wolle er aber nicht aus der Hüfte führen.
2008 dauerte es nach dem Verlust der absoluten Mehrheit nur wenige Tage, bis das unglückliche Tandem aus Günther Beckstein und Erwin Huber abgelöst war. Dass sich dies wiederholen könnte, glaubt in der CSU-Spitze nun niemand. „Ich glaube, die Guillotine bleibt eingepackt“, sagt der schwäbische Bezirkschef Markus Ferber. Ein Führungswechsel ergebe keinen Sinn. Auch die Junge Union und Seehofers schärfster Kritiker Huber verzichten auf Rücktrittsforderungen.
Seehofer ist am Sonntagabend auch weit davon entfernt, den Platz frei machen zu wollen. Dennoch kann der Friede trügerisch sein. Gleich mehrere Vorstandsmitglieder sagen, wo die eigentliche Gefahr für den Parteichef droht. „Wir werden sehen, was wir die kommenden Tage für Rückmeldungen von der Basis bekommen.“
Sein Urteil schon gebildet hat sich Manfred Krautkrämer, Ortsvorsitzender in Ziemetshausen. Krautkrämer ist eigens zur Wahlparty nach München gekommen. Seine Meinung: „Bei dem Ergebnis muss der Parteivorsitzende zurücktreten“. Seehofer habe im Flüchtlingsstreit falsch agiert.
Doch auch hier gibt es im Parteivorstand eine andere Lesart: Es sei gelungen, die AfD mit etwa elf Prozent deutlich unter dem bundesweiten Trend zu halten.