Arbeitszeit

12-Stunden-Tag: AK ortet in Tirol ersten Missbrauchsfall

(Symbolfoto)
© APA/GEORG HOCHMUTH

Nach Fällen in Wien und Salzburg liegt nun auch in Tirol ein Arbeitsvertag vor, in dem das Recht auf freiwillige Ablehnung von Überstunden umgangen wird. AK-Präsident Erwin Zangerl sieht sich in seinen Warnungen vor den Auswirkungen des Arbeitszeitgesetzes bestätigt.

Innsbruck, Wien – Die Tiroler Arbeiterkammer (AK) hat am Montag im Zusammenhang mit der neuen Arbeitszeitregelung und der Einführung des 12-Stunden-Tags einen Dienstvertrag mit – ihrer Ansicht nach – „zweifelhaftem Inhalt“ publik gemacht. In der Vereinbarung eines großen Hotelbetriebes am Arlberg müsse der Arbeitnehmer erklären, „freiwillig“ eine Tagesarbeitszeit von bis zu 12 Stunden zu leisten.

Konkret heißt es in dem der AK vorliegenden Arbeitsvertrag: „Der Arbeitnehmer erklärt seine ausdrückliche und freiwillige Bereitschaft, bei Vorliegen eines erhöhten Arbeitsbedarfes eine Tagesarbeitszeit von bis zu 12 Stunden sowie eine Wochenarbeitszeit von bis zu 60 Stunden leisten zu wollen.“ Eine gleichlautende Formulierung wurde in einem jüngst bekannt gewordenen Fall eines Salzburger Hotels verwendet.

AK Tirol spricht von Sitten- und Rechtswidrigkeit

„Wie mit den Menschen hier umgegangen wird, ist sitten- und rechtswidrig, das Recht auf freiwillige Ablehnung von Mehrarbeit ist nichts wert“, kritisierte der Tirols AK-Präsident Erwin Zangerl (VP). Derartige Zusätze in Dienst- bzw. Arbeitsverträgen seien kein Einzelfall. Vielmehr werde „systematisch“ versucht, die Mehr- und Überstundenregelung zu umgehen.

„Mit so einem Vertrag muss ich freiwillig erklären, dass ich freiwillig auf mein Recht auf Freiwilligkeit verzichte, da ich ansonsten meinen Job verliere bzw. gar nicht bekomme. Das ist Zynismus in türkis-blauer Reinkultur“, betonte Zangerl. Das Gesetz müsse nicht repariert, sondern neu verhandelt werden.

Zangerl: „Man verkauft die Menschen für dumm“

„Man verkauft die Menschen einmal mehr für dumm“, so Zangerl: „Jetzt sich hinzustellen und groß davon zu sprechen, man verschärfe Tonart und Strafen gegen Betriebe, die gegen das Gesetz verstoßen, ist reine Show.“ Die AK habe davor gewarnt, die Warnungen seien aber „in den Wind geschlagen“ worden, so der AK-Präsident: „Und die Leidtragenden dieser Politik sind einmal mehr die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“ Zangerl bittet weitere Betroffene, sich zu melden.

WKÖ: „Missverständliche Formulierung“ zurückgenommen

Nach dem Bekanntwerden der beiden Fälle in Salzbuirg und Tirol, hat sich am Montag auch die Tourismus-Sparte der Wirtschaftskammer (WKÖ) für die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes stark gemacht. Die „missverständliche Formulierung eines privaten Steuerberatungsunternehmens“ sei zurückgenommen worden.

„Wir decken keinerlei Verstöße oder schwarze Schafe, verwehren uns aber auch, dass aus einer unglücklichen Formulierung eines Vertragsmusters die Seriosität der gesamten Tourismus-Branche plakativ in Frage gestellt wird“, erklärten WKÖ-Bundessparten-Obfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher und die Fachverbands-Obleute Hotellerie und Gastronomie, Susanne Kraus-Winkler und Mario Pulker, in einer Aussendung.

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„Ein Vorwegverzicht auf das Ablehnungsrecht ist unwirksam.“ Die Formulierung werde in Zukunft nicht mehr verwendet.

Sozialministerium geht Verstößen nach

Das Sozialministerium verkündete den bekanntgewordenen Verstößen nachzugehen.

Diese Woche finde eine Analyse der Fälle statt, sagte der Sprecher von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) am Montag auf APA-Anfrage. Danach wolle man mit dem Koalitionspartner ÖVP über Nachschärfungen reden und diese präsentieren.

Eine der Möglichkeiten seien Sanktionen, so der Sprecher. Auch die Kontrollen könnten verschärft werden. Nach der Analyse werde man wissen, wo es Verbesserungs- und Reparaturbedarf gibt. Im Fall der Hilfsköchin in Wien, die laut Medienberichten gekündigt wurde, weil sie den 12-Stunden-Arbeitstag verweigerte, sei das Arbeitsinspektorat mit einer Prüfung beauftragt worden, so der Sozialministeriumssprecher.

Für die ÖVP ist eine Novelle des Arbeitszeitgesetzes jedenfalls kein Thema. (APA, TT.com)

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