„Potenzial, Welt zu verändern“: Premiere für “Wunder von Wörgl“
Donnerstagabend wurde der Spielfilm „Das Wunder von Wörgl“ ebendort uraufgeführt. Die Geschichte von Unterguggenberges Geldexperiment rührte auch Zeitzeugen zu Tränen.
Von Jasmine Hrdina
Wörgl –„Es geht hier nicht nur um Wörgl, sondern um eine globale Krise und Auswege und Lösungen.“ Treffender hätte auch der echte Michael Unterguggenberger (gespielt von Karl Markovics) das Tiroler Geldexperiment der 1930er-Jahre nicht beschreiben können. Mitten in der Weltwirtschaftskrise gelingt es der Gemeinde, mit dem „Schwundgeld“ für Vollbeschäftigung zu sorgen. Neben der internationalen Presse und Politik interessiert sich aber auch die Nationalbank für Unterguggenberges „Arbeitsbestätigungsscheine“. Und so werden die Zuschauer des ORF-Dramas „Das Wunder von Wörgl“ genau an jenem Punkt abgeholt, an dem das Projekt Schwundgeld 1933 endete: vor dem Verfassungsgerichtshof.
Ein voller Kinosaal, angeregte Gespräche und ein paar vergossene Tränen – am Donnerstagabend wurde der Film im Wörgler Cineplexx in ungezwungenem Ambiente uraufgeführt. Neben den Produzenten waren auch Darsteller wie Karl Markovics (Michael Unterguggenberger), Verena Altenberger (Rosa Unterguggenberger) und Harald Windisch (Apotheker Stawa) nach Wörgl gereist.
Von der Geschichte des realen Michael Unterguggenberger zeigt sich auch Markovics inspiriert: „Man sollte sich und andere nicht unterschätzen. Jeder von uns ist imstande, etwas Großes zu leisten, wenn man den Mut dazu hat“, so der Schauspieler. „Auch Michael Unterguggenberger war schließlich kein Herkules, sondern eigentlich ein ‚Zniachtal‘.“ Als „historisch interessierter Mensch“ sieht er im Freigeldexperiment mehr als eine Notlösung. Markovics: „Dieses Projekt hätte das Potenzial gehabt, die Welt wirklich zu verändern. Vielleicht hätten wir uns damit den zweiten Weltkrieg erspart.“ Dass man damit die Geschichte verändern hätte können, davon ist auch Verena Altenberger überzeugt. Im Film spielt die 31-Jährige Unterguggenbergers Ehefrau Rosa. „Michael und Rosa waren ein komplett gleichberechtigtes Ehepaar. Sie haben dieses Experiment gemeinsam geschaffen.“
Im Film hätte man dies durchaus mehr herausarbeiten können, meinten einige Zuschauer. Dem konnte auch Drehbuchautor Thomas Reider nicht widersprechen. Er habe sich aber darauf konzentriert, die konfusen wirtschaftlichen Belange emotional begreifbar zu machen. „Die Wirklichkeit war viel vielfältiger und größer, als es hier darstellbar wäre.“ Über das Wörgler Freigeldexperiment werde man künftig noch viel hören, ist der Osttiroler Autor überzeugt.
Emotionalisiert, vereinfacht, dramatisiert – der historische Stoff musste sich in „Das Wunder von Wörgl“ naturgemäß den Regeln einer Spielfilmdramaturgie beugen. Da zieht sich ein Konflikt zwischen Vater und Sohn durch die Handlung, der sich letztlich in einer rührenden Szene am Grab der verstorbenen Mutter in Wohlgefallen auflöst. Und wie käme eine Geschichte ohne einen markanten Bösewicht (hier in Form eines Nazi-Metzgers, gespielt von Andreas Lust) aus, auf dessen Schultern man die ganze Last der Schuld laden kann. Am Ende der Vorführung aber gab es tosenden Applaus im Kinosaal – und Lob von keiner Geringeren als Lea Rigler, der Tochter des berühmten „Geldmachers“. „Ich hätte mir nicht gedacht, dass man das so authentisch darstellen kann“, sagte die 92-Jährige nach der Vorführung, den Tränen nahe.
Originalschauplätze gibt es im Film übrigens keine. Wörgl habe sich seit den 30er-Jahren zu stark verändert und sei „zu modern“. Für den Dreh wich man auf Orte mit Altstadt (etwa Hall i. T.) aus. Den größten „original Wörgl-Anteil“ am Film machten wohl jene acht Mitglieder der hiesigen Musikkapelle aus, die darin einen kurzen Auftritt hatten. „Wir sind stolz, als echte Wörgler Teil dieser historischen Verfilmung sein zu dürfen“, zeigte sich Obmann Klaus Unterberger sichtlich erfreut.
Sendetermin
Das Wunder von Wörgl. Samstag, 8. Dezember, 20.15 Uhr, ORF 2. Im Anschluss wird Thomas Reiders Doku „Der Geldmacher“ gezeigt.