Enge Zusammenarbeit, aber kein militärischer Beistand
Brüssel/Kiew (APA/AFP) - Die NATO pflegt ein enges Verhältnis zur Ukraine, plant aber keine baldige Aufnahme der ehemaligen Sowjetrepublik. ...
Brüssel/Kiew (APA/AFP) - Die NATO pflegt ein enges Verhältnis zur Ukraine, plant aber keine baldige Aufnahme der ehemaligen Sowjetrepublik. Nach dem gewaltsamen Vorgehen der russischen Küstenwache gegen ukrainische Schiffe setzten beide Seiten am Montag eine Sondersitzung der NATO-Ukraine-Kommission an. Sehr viel mehr als politische Unterstützung kann das Bündnis Kiew in dem Fall kaum geben.
Eine Übersicht zu den Beziehungen beider Seiten:
KOOPERATION SEIT DEM KALTEN KRIEG
Die NATO und die Ukraine kooperieren seit der Unabhängigkeit des Landes von der Sowjetunion 1991. Kiew wurde zunächst Mitglied des Nordatlantischen Kooperationsrats und trat 1994 dem NATO-Programm Partnerschaft für Frieden (PfP) bei. Ukrainische Soldaten beteiligten sich darauf 1996 an der NATO-geführten Friedenstruppe in Bosnien-Herzegowina. Ab 1997 wurde die NATO-Ukraine-Kommission geschaffen, die seitdem regelmäßige Treffen ermöglicht.
VOR JAHREN FAST SCHON MITGLIED DER MILITÄRALLIANZ
2008 stand die Ukraine schon knapp vor der Aufnahme in die westliche Militärallianz. Der damalige US-Präsident George W. Bush und einige osteuropäische Bündnismitglieder drängten massiv zu einem schnellen Beitritt. Deutschland und andere Länder waren dagegen. Der NATO-Gipfel in Bukarest lehnte darauf einen Status als Beitrittskandidat ab und gab dem Land lediglich eine symbolische Aufnahmeperspektive ohne Datum.
ABKEHR VON DER NATO UNTER PRÄSIDENT JANUKOWITSCH
Nach der Wahl des pro-russischen Präsidenten Viktor Janukowitsch legte die Ukraine 2010 die Pläne für einen NATO-Beitritt ad acta. Kiew erklärte, es wolle bündnisfrei bleiben und keinen militärisch-politischen Bündnissen angehören. Nachdem Janukowitsch auch die Annäherung an die EU auf Eis gelegt hatte, wurde er nach wochenlangen Protesten Anfang 2014 gestürzt. Der 2014 gewählte Präsident Petro Poroschenko verfolgt nun wieder einen klaren Kurs Richtung EU und NATO.
WENDEPUNKT KRIM-ANNEXION
Seit der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im März 2014 durch Russland hat die NATO die Partnerschaft deutlich ausgebaut. Das Militärbündnis verstärkte auch vor dem Hintergrund des Konflikts mit pro-russischen Separatisten in der Ostukraine seine Hilfe zur Stärkung die Streitkräfte Kiews. Dazu wurden Treuhandfonds eingerichtet, die Programme in Bereichen wie Sprengsatzentschärfung oder Cyber-Abwehr fördern. Laut Kiew wurde seit 2016 auch die Zahl der NATO-Militärberater erhöht. NATO-Mitglieder halten zudem regelmäßig gemeinsame Manöver mit der Ukraine ab.
GERINGE CHANCEN AUF BALDIGEN NATO-BEITRITT
2017 verabschiedete das ukrainische Parlament ein Gesetz, das den NATO-Beitritt als wichtiges Ziel der ukrainischen Außenpolitik festlegt. Der NATO-Gipfel im Juli bekräftigte aber lediglich den Bukarest-Beschluss von 2008 - also eine Aufnahmeperspektive ohne Zeitplan. Realistisch wäre ein Beitritt wohl erst, wenn die Territorialkonflikte mit Russland gelöst sind. Denn sonst könnte sich das Bündnis direkt nach einem Beitritt gezwungen sehen, der Ukraine nach Artikel 5 NATO-Vertrag militärischen Beistand zu leisten - und befände sich dann in einem offenen Konflikt mit Moskau.