Genmanipulierte Babys in China: Regierung lässt Fall untersuchen
Peking (APA/dpa) - Nach der Verkündung der weltweit ersten Geburt genmanipulierter Babys in China hat die chinesische Regierung eine „unverz...
Peking (APA/dpa) - Nach der Verkündung der weltweit ersten Geburt genmanipulierter Babys in China hat die chinesische Regierung eine „unverzügliche Untersuchung“ angeordnet. Die Nationale Gesundheitskommission teilte am Dienstag in Peking mit, man prüfe, ob der Fall mit den Gesetzen zum verantwortlichen Umgang mit der Gesundheit der Menschen übereinstimme.
Der Forscher He Jiankui aus der südchinesischen Stadt Shenzhen hatte unter Wissenschaftern und Ethikern weltweit Empörung ausgelöst, als er die Geburt der ersten angeblich genmanipulierten Babys verkündete. Die an Embryonen vorgenommenen Eingriffe mit der noch jungen Methode der Genschere Crispr/Cas9 sollten die Kinder demnach resistent gegen HIV machen. Allerdings gab es keine wissenschaftliche Prüfung durch unabhängige Fachkollegen, und der Einsatz der Genschere ist mit Risiken verbunden.
Die staatliche Zeitung „China Daily“ berichtete am Dienstag, der Wissenschafter habe für seine Versuche in Shenzhen keine Genehmigung bei den Behörden eingeholt. Die städtische Kommission für Familienplanung und Gesundheit sei nicht informiert worden, obwohl sie zunächst das Projekt hätte ethisch bewerten müssen. Zuvor hatte bereits Hes Universität in Shenzhen mitgeteilt, nichts von den Versuchen gewusst zu haben.
Markus Hengstschläger, Organisationseinheitsleiter des Zentrums für Pathobiochemie und Genetik sowie Leiter des Instituts für Medizinische Genetik der MedUni Wien, erklärte dazu am Montag gegenüber der APA: „Bei diesem Genom-Editing werden Gene modifiziert oder korrigiert. In somatischen Zellen - in Geweben - ist das eine Riesenchance. Eine somatische Gentherapie, zum Beispiel bei Lungenkrebs eines Erwachsenen oder bei vererbbarer Muskelschwäche bei Kindern, bei denen die Krankheit vorliegt, wäre toll. Aber in der Keimbahn, also am Embryo, wird das aus ethischen Gründen in den meisten Staaten der Erde abgelehnt.“
„Bei den Experimenten handelt es sich um unverantwortliche Menschenversuche“, betonte Peter Dabrock, Vorsitzender des Deutschen Ethikrats, am Montag. Derzeit seien solche Ansätze aufs Schärfste zu kritisieren. Die Grundlagenforschung zur Genschere Crispr/Cas sei weit entfernt vom Einsatz beim Menschen. Auch von chinesischen Forschern kam massive Kritik: „Direkte Versuche am Menschen können nur als verrückt beschrieben werden“, hieß es in einem am Montag veröffentlichten Schreiben, das 122 Forscher unterzeichneten. Die Versuche seien ein „schwerer Schlag für die weltweite Reputation der chinesischen Wissenschaft“.
Für Mittwoch war ein Vortrag von He auf einem Genomforscher-Kongress in Hongkong angekündigt. Das Thema lautete „die Genomeditierung von Embryonen“.