Regionalwahlen in Andalusien als Stimmungstest: Sozialisten Favoriten

Sevilla/Madrid (APA) - Am Sonntag stehen in der südspanischen Provinz Andalusien Regionalwahlen an. Es handelt sich auch um einen Stimmungst...

Sevilla/Madrid (APA) - Am Sonntag stehen in der südspanischen Provinz Andalusien Regionalwahlen an. Es handelt sich auch um einen Stimmungstest für das gesamte Land: Sozialistenchef Pedro Sanchez hatte am 1. Juni den konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy (Volkspartei/PP) nach diversen Korruptionsaffären durch ein Misstrauensvotum im Parlament gestürzt. Er regiert Spanien seither mit einer Minderheitsregierung.

Susana Diaz stand am Montagabend beim TV-Wahlduell vor den andalusischen Regionalwahlen ordentlich unter Druck. Die drei anderen Spitzenkandidaten nahmen Andalusiens sozialistische Ministerpräsidentin (PSOE) ordentlich in die Mangel. Während Teresa Rodriguez vom linkspopulistischen Parteienbündnis Adelante Andalucia (Vorwärts Andalusien) vehement die Sozialpolitik der Sozialistin kritisierte, schossen sich der konservative Kandidat Juan Manuel Moreno (PP) und Juan Marin von den liberalen Ciudadanos (Bürger) auf die „katastrophale und folgenschwere“ Wirtschaftspolitik von Susana Diaz ein. Vor allem drängten sie die Sozialistin aber mit den zahlreichen Korruptionsskandalen ihrer Partei in die Ecke.

In der zweiten Hälfte des TV-Duells gerieten dann aber auch immer häufiger der konservative und der liberale Spitzenkandidat aneinander. Denn laut allen Wahlumfragen werden die Sozialisten in ihrer historischen Hochburg zwar Federn lassen, aber auf jeden Fall wieder stärkste Fraktion. Somit wurde das TV-Duell im Staatsfernsehen zunehmend auch zur Schlacht um den Oppositionsvorsitz.

Die beiden Spitzenkandidaten der Konservativen und Liberalen waren bemüht, die geringen Unterschiede zwischen ihren beiden Parteien herauszustellen. Ein Rettungsring für Susana Diaz. Denn nun konnte sie auf mögliche Koalitionen nach den Wahlen hinweisen und stellte klar, es sei eigentlich egal, welche der beiden Parteien man in Andalusien wähle. Vor allem aber spielte sie mit der Angst vieler Andalusier vor dem Erfolg der rechtsextremen VOX-Partei, die im Zuge der ansteigenden Flüchtlingsströme an Andalusiens Küste erstmals bei Regionalwahlen drei bis fünf Sitze erhalten könnte. Diaz versicherte den Wählern, dass weder die rechtskonservative PP noch die Liberalen vor einer Koalition mit den Rechtsextremen zurückschrecken werden, sollten diese im Regionalparlament in Sevilla zu „Königsmachern“ werden.

Tatsächlich bedeutet der voraussichtliche Wahlgewinn der Sozialisten noch lange nicht, dass Susana Diaz auch erneut Ministerpräsidentin Andalusiens wird. Die Sozialisten, die seit der Einführung der Demokratie 1976 in Andalusien regieren, könnten von 47 auf 43 oder 45 Sitze abrutschen, womit sie die absolute Mehrheit von 55 Mandaten erneut verfehlen, aber stärkste Fraktion bleiben würden. Als zweitstärkste Partei werden die Konservativen (PP) mit 25 bis 27 Sitzen gehandelt, bisher haben sie 23. Die linke Adelante Andalucia könnte auf 23 bis 24 Abgeordnete kommen und die Liberalen auf 16 bis 17.

Die Frage stellt sich also, mit wem die Sozialisten nach den Wahlen eine Koalition eingehen? Die persönliche Feindschaft zwischen Diaz und Teresa Rodriguez sowie das Buhlen um die gleiche Wählerschaft machen ein Bündnis zwischen Sozialisten und Linkspopulisten kompliziert. Und der Konflikt mit den Liberalen, welche die sozialistische Regierung bisher unterstützten, war ein Grund, die Regionalwahlen von März auf den 2. Dezember vorzuziehen.

Susana Diaz zog die Wahlen aber vor allem aus einem anderen Grund vor - mögliche Neuwahlen in Spanien im Frühjahr. Sie möchte den Rückenwind nutzen, der die Sozialisten landesweit nach dem erfolgreichen Misstrauensantrag gegen Mariano Rajoy beflügelt. Andererseits will sie die „Abnutzung“ umgehen, die durch die Tatsache entsteht, dass die Zentralregierung von Parteichef Pedro Sanchez in der Minderheit regiert. Kaum jemand glaubt noch, dass Sanchez mit Blick auf den Katalonien-Konflikt und die fehlende Unterstützung für einen neuen Haushalt die Legislaturperiode zu Ende bringen wird.

Somit sind die andalusischen Regionalwahlen nicht nur von besonderer Bedeutung, da es sich mit 8,4 Millionen Einwohnern um die bevölkerungsreichste Region des Landes handelt. „Spaniens Parteien sehen die andalusischen Regionalwahlen auch als erste Kraftprobe für die bevorstehenden spanischen Parlamentswahlen“, versichert auch Wahlforscher Angel Cazorla von der Universität von Granada im Gespräch mit der APA.

Die Wahlkampagne gibt ihm Recht. Selten haben sich die Parteichefs derzeit intensiv in Regionalwahlen eingemischt. Vor allem der neue konservative spanische Oppositionsführer und Rajoy-Nachfolger Pablo Casado, aber auch Ciudadanos-Chef Albert Rivera und die katalanische Ciudadanos-Frontfrau Ines Arrimadas beteiligten sich besonders aktiv in der Wahlkampagne ihrer Parteien in Andalusien und stellten landesweite Probleme hervor. So ziert der Ciudadanos-Wahlbus beispielsweise Fotos von Susana Diaz, Pedro Sanchez und den katalanischen Separatistenführern Oriol Junqueras und Carles Puigdemont. Die Botschaft: Die Sozialisten spielen sogar mit der Einheit Spaniens, um sich an der Macht zu halten.