Vermögende Wienerin ausgenommen: Eineinhalb Jahre Haft für Betrüger
Wien (APA) - Ein mehrfach vorbestrafter Betrüger ist am Dienstag am Landesgericht zu eineinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt worden, n...
Wien (APA) - Ein mehrfach vorbestrafter Betrüger ist am Dienstag am Landesgericht zu eineinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt worden, nachdem er eine vermögende, pflegebedürftige Wienerin ausgenommen hatte. Die 79-Jährige, die in der Innenstadt ein alteingesessenes Geschäft betrieben und einst an einer noblen Adresse gelebt hatte, „ist jetzt arm wie eine Kirchenmaus“, wie ihre Rechtsvertreterin erklärte.
Der Angeklagte, der an sich sein Geld im Autohandel verdient, hatte die betagte Dame über seine Freundin kennengelernt. Als die Geschäftsfrau ihren Betrieb zusperrte und aufgrund eines Oberschenkelhalsbruchs in ein Pflegeheim übersiedelte, griff er ihr tatkräftig unter die Arme. Damit dürfte er ihr Vertrauen gewonnen haben. Er hatte schließlich Zugriff auf ihre Konten und überwies sich innerhalb von knapp drei Jahren 253.000 Euro.
Nun wollte er einem Schöffensenat zunächst weismachen, dass es sich dabei um Honorare für erbrachte Leistungen bzw. die nachträgliche Abgeltung von Bar-Auslagen gehandelt habe. Er habe die Frau nämlich täglich im Heim besucht, wo diese ihren gewohnten Lebensstandard aufrechterhalten wollte. Daher habe er sie mit Mahlzeiten aus dem Schwarzen Kameel und Spezialitäten, etwa ausgewähltem Räucherlachs aus Russland beliefern müssen. Das alles habe ihn Geld und Zeit gekostet. Letztere habe er sich abgelten lassen, da die Frau „eine sehr eigenwillige Person“ und damit schwierig und anstrengend sei, wie der Verteidiger anmerkte.
Die Dame soll ihre Pflegekräfte regelmäßig beschimpft und ihnen diverse Fernbedienungen nachgeschmissen haben. Nur den Angeklagten soll sie goutiert haben. Er habe ihr sogar die Windeln gewechselt, betonte der Angeklagte. Die Betroffene selbst war für dass Gericht allerdings nicht mehr als Zeugin ladbar. Die 79-Jährige ist aufgrund eines zerebralen Abbausyndroms inzwischen besachwaltert und nicht mehr vernehmungsfähig.
Dass sie über Jahre hinweg vom Angeklagten vorgelegte Überweisungsscheine für vorgebliche Dienstleistungen unterschrieben hatte, fiel erst auf, als nichts mehr am Konto war und das Pflegeheim keine Abbuchungen mehr vornehmen konnte. Als der vorsitzende Richter Gerald Wagner deutlich machte, dass ihm die Darstellung des Angeklagten wenig glaubwürdig erscheine („Sie haben dort bis zu 7.000 Euro im Monat kassiert. Netto. Da würde jeder hier im Saal als Pflegehelfer gehen“), bequemte sich der Mann nach Rücksprache mit seinem Anwalt zu einem späten Geständnis. Seiner Schätzung nach habe er 50.000 Euro zu Unrecht bezogen: „Wenn sie mir besonders auf die Nerven gegangen ist, war das Geld das Pflaster.“
Dem Urteil legte der Schöffensenat eine Schadenssumme von 100.000 Euro zugrunde. Über diesen Betrag hinaus waren keine Feststellungen mehr möglich, weil es keine schriftlichen Belege für die erbrachten bzw. nicht erbrachten Tätigkeiten des Angeklagten gibt. Der Mann war mit dem Urteil eben so einverstanden wie der Staatsanwalt. Die Entscheidung ist damit rechtskräftig.