Türkis-Blau will aktuell keinen Antisemitismus-Beauftragten

Wien (APA) - Der Kampf gegen Antisemitismus ist der türkis-blauen Bundesregierung ein besonderes Anliegen, aber einen eigenen Beauftragten d...

Wien (APA) - Der Kampf gegen Antisemitismus ist der türkis-blauen Bundesregierung ein besonderes Anliegen, aber einen eigenen Beauftragten dafür - wie dies Deutschland kürzlich getan hat - will sie nicht installieren. „Das ist derzeit nicht vorgesehen“, sagte ein Sprecher der Bundesregierung am Dienstag auf APA-Anfrage. Man konzentriere sich aktuell „komplett auf den Ratsvorsitz“.

Der Sprecher verwies darauf, dass sich die österreichische Ratspräsidentschaft bemühe, beim Europäischen Rat im Dezember die Zustimmung von Schlussfolgerungen zum Kampf gegen Antisemitismus zu erlangen. Dabei geht es insbesondere darum, dass sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame Definition von Antisemitismus verständigten. Der Vizepräsident des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC), Ariel Muzicant, äußerte sich in der Vorwoche bei der Wiener Konferenz gegen Antisemitismus und Antizionismus kritisch gegenüber jener Minderheit von Staaten, die „aus irgendwelchen dummen Gründen“ gegen die Erklärung seien.

Eine am Dienstag veröffentlichte Studie in sieben europäischen Staaten, darunter Österreich, zeigt, wie weit verbreitet Vorurteile gegenüber Juden und Israel sind. So gab etwa ein Fünftel der Befragten an, dass Juden zu viel Einfluss in Medien und Politik hätten. 35 Prozent sagten, dass Unterstützer Israels den Vorwurf des Antisemitismus benützen, um Kritiker zum Schweigen zu bringen. Lediglich zehn Prozent der Befragten widersprachen dieser Aussage. 31 Prozent der insgesamt 7.000 Befragten in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Schweden, Polen, Ungarn und Österreich meinen, dass das Gedenken an den Holocaust von anderen Gräueltaten ablenkt.

Zudem zeigt die Studie im Auftrag des US-Nachrichtensenders CNN deutliche Wissenslücken in der Bevölkerung in Sachen Holocaust. In Frankreich etwa haben 20 Prozent der 18- bis 34-Jährigen noch nie etwas vom Holocaust gehört, in Österreich seien es zwölf Prozent. 40 Prozent der österreichischen Erwachsenen räumten ein, „nur wenig“ über den Holocaust zu wissen.

Der Beauftragte der deutschen Bundesregierung für den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, nannte die Umfrageergebnisse laut einer CNN-Aussendung „erschreckend“. Im Kampf gegen Antisemitismus sei es entscheidend, „die Erinnerung an die Shoah am Leben zu erhalten“, betonte Klein. So wolle er die anderen EU-Staaten ermutigen, ebenfalls Antisemitismus-Beauftragte zu ernennen und sich der internationalen Antisemitismus-Definition anzuschließen. „Unsere größte Herausforderung ist es aber, die Meinung zu verändern, die Menschen von Juden und Jüdinnen haben. Das ist eine Aufgabe für uns alle und die Gesellschaft als Ganzes, denn Antisemitismus ist eine Bedrohung für jede demokratische, offene Gesellschaft.“