Pleite von Druckereigruppe 2 - Erstangeklagter am Wort
St. Pölten (APA) - Im Prozess um eine aufgelöste niederösterreichische Druckereigruppe ist am Dienstagnachmittag am Landesgericht St. Pölten...
St. Pölten (APA) - Im Prozess um eine aufgelöste niederösterreichische Druckereigruppe ist am Dienstagnachmittag am Landesgericht St. Pölten der 62-jährige Erstangeklagte einvernommen worden. Der ehemalige Finanzvorstand, dem betrügerische Krida vorgeworfen wird, wurde unter anderem zu Vermögensflüssen des Druckereiunternehmens in Richtung verbundener Gesellschaften befragt.
Liquide Geldmittel seien nicht an diese Gesellschaften gegangen, erklärte der Beschuldigte. Vielmehr seien unter anderem Beratungsleistungen und Papierlieferungen abgewickelt worden. Zu einer von der Staatsanwältin vorgehaltenen Zahlung von 1,59 Millionen Euro aus dem Dezember 2007 sagte der Angeklagte, dass er nur „aufgrund von Buchungszeilen und Konten nichts ablesen könne“.
Hinsichtlich der Druckmaschine „M600“ habe es 2009 und 2010 Verkaufsversuche gegeben, das Gerät „wollte aber einfach keiner haben“. Später wurde sie von Niederösterreich nach Budapest gebracht und dort aufgestellt. Zuerst sei eine Vermietung der Maschine, die einer österreichischen Tochterfirma des Druckereiunternehmens gehörte, angedacht gewesen. Letztlich wurde die Druckmaschine der ungarischen Tochtergesellschaft übereignet, eine direkte Gegenleistung habe es nicht gegeben, um das Eigenkapital der ungarischen Gesellschaft zu stärken, so der 62-Jährige.
Auch der Weg des niederösterreichischen Druckereiunternehmens zur schlussendlichen Auflösung wurde vom Erstangeklagten in der Schöffenverhandlung skizziert. Schon in der Bilanz 2005/06 habe man gesehen, dass es „Aufträge gibt, die absinken“. Zudem seien Preise der ausländischen Konkurrenz zurückgegangen. Danach habe es Diskussionen gegeben, wie die Druckereigruppe die Produktivität erhöhen könne. Die Entscheidung fiel auf weitere Investitionen und zwar in zwei schlagkräftigere Maschinen.
Danach sei es zwar aufwärtsgegangen, 2008 „waren aber die Reserven aufgebraucht“. Anfang 2009 habe man vom Konsortium mehrerer Banken unter der Setzung von Bedingungen 5,5 Millionen Euro frisches Geld zugesagt bekommen, sagte der Beschuldigte. Eine der niedergeschriebenen Forderungen sei ein M&A-Prozess gewesen, der in der Folge aber scheiterte. Auf Wunsch der Banken sei im August 2010 ein Sanierungsvorstand bestellt worden, der die bereits bestehende Fortführungsprognose gemeinsam mit einem weiteren Experten evaluierte. Restrukturierungsmaßnahmen wie der Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen führten im Dezember 2010 zu einer positiven Prognose.
„Wir sind noch heute überzeugt, dass es funktioniert hätte“, hatte die Zweitangeklagte davor zum geplanten Restrukturierungsprozess gesagt. „In Summe waren wir auf Plan.“ Das Bankenkonsortium habe die Kreditlinien im Juni 2011 nicht verlängert, aus Sicht der 64-Jährigen sei dies „nicht nachvollziehbar“ gewesen. Forderungen der Gläubiger gegen die Unternehmensgruppe seien bis dahin immer bedient worden, hielt die Beschuldigte fest.
Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt. Auf dem Programm steht die Befragung mehrerer Zeugen.