Swoboda: Sozialdemokratie muss sich sozialem Wandel anpassen

Wien (APA) - Für den ehemaligen EU-Abgeordneten Hannes Swoboda (SPÖ) muss sich die Sozialdemokratie dem gesellschaftlichen Wandel anpassen. ...

Wien (APA) - Für den ehemaligen EU-Abgeordneten Hannes Swoboda (SPÖ) muss sich die Sozialdemokratie dem gesellschaftlichen Wandel anpassen. Da die meisten Arbeiter heutzutage Migranten ohne Wahlrecht seien und die frühere SPÖ-Klientel sozial aufgestiegen sei, müsse sich die Partei einem neuen Narrativ widmen, erklärte Swoboda am Dienstag im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Wien.

„Die Opposition muss die Attraktivität vergrößern und mehr auf die liberale Demokratie eingehen und soziale mit demokratischen Aspekten kombinieren“, sagte der Sozialdemokrat im Internationalen Institut für den Frieden (IIP). Außerdem müsse sie „klar machen, dass unsere Gesellschaft ohne Zuwanderung zusammenbrechen würde“, unterstrich er. Die Migranten seien ein „Teil der Gesellschaft“, dies sei ein Thema, dass die SPÖ „außen vor gelassen“ habe und das nun von Rechtspopulisten vereinnahmt worden sei. Besonders die „Empathie“ müsse von der SPÖ gefördert werden.

Auch für den früheren ungarischen Kulturminister (2005-06), Andras Bozoki, muss die Sozialdemokratie „emotionaler“ werden, denn in der Politik seien neben rationalem Verhalten auch Gefühle wichtig. Obwohl er allgemein gegen Populismus sei, wünscht sich der ehemalige Minister in Ungarn auch eine linkspopulistische Partei, um den Rechtspopulisten nicht das „Monopol“ zu überlassen und einen „Wettbewerb der Narrative“ zu fördern.

Laut dem Politologen Bozoki folgen Populisten einem klaren Muster: Zum Ersten inszenierten sie sich als Vertreter des einfachen Volkes gegen die „Elite“, die prinzipiell negativ konnotiert sei, wohingegen das Volk immer recht habe. Zum Zweiten sei der Populismus antipluralistisch und dulde keinen Multikulturalismus, stattdessen trete er für eine homogene Gruppe ein. „Dieser Ansatz ist undemokratisch, da das Volk durch Täuschung missbraucht wird“, betonte Bozoki, der als Parteiloser in der sozialliberalen ungarischen Regierung von Ferenc Gyurcsany Minister gewesen war. Der Verlust des öffentlichen Diskurses und des Pluralismus bedeute weniger Demokratie.

Die demokratischen Maßnahmen gegen den Populismus sind für Swoboda allerdings „begrenzt“. Solange die demokratischen Institutionen intakt blieben, müsse man sich aber keine Sorgen machen. Die geplante Schwächung der Sozialpartnerschaft sei aber „antidemokratisch“, sagte er in Bezug auf die Bemühen der österreichischen Bundesregierung.

In Ungarn sei die Situation jedoch prekärer: „Die Rechtspopulisten in der Regierung führen sich auf, als seien sie in der Opposition, (...) sie erklären, dass sie das Land vor der internationalen Elite retten wollen“, analysierte Bozoki. „Es geht nicht mehr um Freiheit und Menschenrechte, sondern um die vermeintliche Verteidigung vor Angriffen“, fuhr er fort. Der politische Diskurs unterteile die Menschen nur noch in „Freunde und Feinde“. Als „guter Ungar“ müsse man lediglich die Staatsbürgerschaft haben: „Man muss dafür nichts tun, niemand muss sich weiterentwickeln“, so Bozoki.

Viele Ungarn sehen laut Bozoki den Rechtspopulismus als Hoffnung, denn das Land habe erst 1989 einen demokratischen Neuanfang erlebt. „Sie sollen Sicherheit vor dem internationalen Kapital und den Eliten bringen, das hat man besonders während der Finanzkrise 2008 bemerkt“, sagte er. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban habe sich mit dem Beginn Flüchtlingskrise als „Opportunist“ zum Rechtspopulisten entwickelt. Er stellte Ungarn als letzte Bastion der europäischen Werte dar und fragmentierte die Opposition. „Auch liberale Demokratien können sich zu einem illiberalen System zurückentwickeln, von der ungarischen Entwicklung können wir viel lernen, sie ist keine Ausnahme mehr“, sagte er.

In Dänemark sei die rechtspopulistische Dänische Volkspartei im öffentlichen Bewusstsein bereits zu einer „normalen Partei“ geworden, erläuterte die dänische Soziologin Susi Meret. 2001 sei die Partei zum ersten Mal an einer Regierung beteiligt gewesen, mittlerweile hätten alle anderen politischen Lager Ideen der Partei übernommen. Für viele Dänen sorge sich die Partei besonders um die nationale dänische Identität, die sie auf traditionelle gesellschaftliche Werte zurückführe. „Sie laden vieles, wie z. B. die dänische Fahne, mit ihren Inhalten auf“, sagte Meret. Im Gegensatz zu anderen Rechtspopulisten in Europa habe die Dänische Volkspartei keine „Neonazivergangenheit“, sie entstand vielmehr aus einer neoliberalen Partei.