Regierungsanalyse: Brexit wird Wirtschaft in jedem Fall schaden

London (APA/dpa/Reuters) - Die britische Wirtschaft wird durch den Brexit in jedem Fall an Wachstum verlieren. Das geht aus einer Schätzung ...

London (APA/dpa/Reuters) - Die britische Wirtschaft wird durch den Brexit in jedem Fall an Wachstum verlieren. Das geht aus einer Schätzung der britischen Regierung hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Das britische Bruttoinlandsprodukt wird demnach unter den Bedingungen des ausgehandelten Abkommens im Jahr 2035 um bis zu 3,9 Prozent kleiner sein als ohne den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union.

Weitaus schlimmer wären die Auswirkungen jedoch, sollte das Land am 29. März 2019 ohne Deal ausscheiden. Dann würde das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 9,3 Prozent kleiner ausfallen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, bei einem ungeregelten Ausstieg würde das Bruttoinlandsprodukt laut Prognose der Regierung nach 15 Jahren um 7,7 Prozent geringer ausfallen als bei einem Verbleib in der EU. Sollte der Brexit-Deal angenommen werden, dürfte die Wirtschaftsleistung nach 15 Jahren 2,1 Prozent geringer sein.

Die Analyse zeige, „dass unser Deal der bestmögliche für Arbeitsplätze und unsere Wirtschaft ist“, sagte Premierministerin Theresa May am Mittwoch bei einer Fragestunde im Parlament. May und ihre Kabinettsmitglieder werben derzeit verzweifelt um Unterstützung für ihr Brexit-Abkommen. Laut der Premierministerin zeigt die Analyse, dass die Wirtschaft stark sei und weiter wachsen werde. Das Land werde in Zukunft nicht ärmer sein. Ein zweites Brexit-Referendum lehnte sie ab. „Es ist wichtig, dass das Votum des britischen Volkes umgesetzt wird.“ Kritiker des EU-Austritts hoffen, mit einer zweiten Abstimmung den Brexit noch verhindern zu können.

Am 11. Dezember soll das Parlament in London über den Deal abstimmen. Bisher scheint es aber mehr als fraglich, ob die Regierung eine Mehrheit für das Abkommen bekommen kann. Nicht nur in der Opposition, sondern auch in der Regierungsfraktion und der nordirischen DUP, von deren Stimmen die Minderheitsregierung abhängt, gibt es heftigen Widerstand. May wird auch innerhalb ihrer konservativen Partei vorgeworfen, der EU zu viele Zugeständnisse gemacht zu haben. Scheitert der Deal im Parlament, droht politisches Chaos. Sowohl eine Neuwahl als auch ein zweites Brexit-Referendum oder ein chaotischer Brexit ohne Abkommen werden für diesen Fall nicht ausgeschlossen.

Die Analyse zeigt aber auch, dass Großbritanniens Wirtschaft besser dran wäre, würde das Land in der EU bleiben. Das gestand Finanzminister Philip Hammond am Mittwoch in einem Interview des BBC-Fernsehens ein. „Wenn man nur die Wirtschaft betrachten würde, dann zeigt die Analyse deutlich, dass in der EU zu bleiben ein besseres Ergebnis für die Wirtschaft bringen würde.“ Dabei nicht berücksichtigt seien „politische Vorteile“, die man durch den EU-Austritt habe.

Das ausgehandelte Brexit-Paket umfasst einen knapp 600 Seiten starken Austrittsvertrag. Darin sind die Bedingungen der Trennung festgeschrieben - etwa die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien und Schlusszahlungen des Vereinigten Königreichs an die EU von schätzungsweise rund 45 Milliarden Euro.

Vorgesehen ist außerdem eine Übergangsfrist bis Ende 2020, diese könnte noch bis Ende 2022 verlängert werden. In dieser Zeit soll sich für die Wirtschaft und die Bürger beider Seiten praktisch nichts ändern. In den Jahren vor dem Brexit-Referendum Mitte 2016 war Großbritannien eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in Europa.

Am Mittwoch wurden auch neuerliche Warnungen der britischen Notenbank erwartet. Neben dem regulären Finanzstabilitätsbericht wollte die Bank of England am Nachmittag auch die Ergebnisse des Banken-Stresstests für 2018 veröffentlichen.