Hahn wirbt für Geduld bei Migration
Der EU-Kommissar hält den Streit um den Migrationspakt für heilsam und will „nachschärfen“.
Von Floo Weißmann
Brüssel –EU-Kommissar Johannes Hahn hat vor Journalisten in Brüssel indirekte Kritik am Ausstieg der Bundesregierung aus dem UNO-Migrationspakt geübt. Es seien „alle darüber einig, dass man das (die Bedenken) zu einem früheren Zeitpunkt hätte artikulieren müssen“, sagte Hahn auf Nachfrage der TT. „Europa sollte jedes Interesse daran haben, dass man sich auf globaler Ebene mit Migration auseinandersetzt.“
Zugleich zeigte sich der aus Österreich stammende Kommissar bemüht, der Kontroverse etwas Positives abzugewinnen. Es sei möglicherweise „heilsam“, dass jetzt einige europäische Staaten vom UNO-Migrationspakt abspringen – und zwar im Sinn eines Signals: „Da müssen wir nachschärfen.“ Über den Pakt war seit 2016 beraten worden. Zwei Jahre seien jedoch „nichts“ für multilaterale Verhandlungen, sagte Hahn. Man müsse geduldig und leidenschaftlich bleiben, bemühte er ein englisches Wortspiel (patient and passionate). Hahn hat als Zuständiger für die Nachbarschaftspolitik mit Migration zu tun.
Verhaltene Kritik an der Bundesregierung klingt auch aus anderen Teilen der EU-Kommission durch. Der Migrationspakt sei nicht verbindlich und berühre die nationale Souveränität nicht, betonte ein ranghoher Vertreter, der nicht namentlich genannt werden will. Gerade im Vorfeld des EU-Afrika-Gipfels in Wien „wäre es ein Signal der österreichischen EU-Präsidentschaft, dass sie den Migrationspakt unterstützen“.
Der Pakt formuliert 23 Ziele für eine „sichere, geordnete und reguläre Migration“. Er soll im Dezember in Marrakesch formal unterzeichnet werden. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) war in seiner früheren Funktion als Außenminister an den Verhandlungen beteiligt. Nun begründete Wien den Ausstieg u.a. mit einem angeblichen Verlust von Souveränität.