Zeitgemäßer Boulevard: „Pension Schöller“ bei Bronski & Grünberg
Wien (APA) - „Pension Schöller“ ist immer lustig, aber oft auch ziemlich blöde. Das 1890 uraufgeführte Lustspiel bedient sich simpler Komödi...
Wien (APA) - „Pension Schöller“ ist immer lustig, aber oft auch ziemlich blöde. Das 1890 uraufgeführte Lustspiel bedient sich simpler Komödientricks wie Sprachfehler oder der Verrücktheiten normaler Menschen, die aus einer Familienpension vermeintlich eine Nervenheilanstalt machen. Regisseur Fabian Alder hat auf der Kleinbühne Bronski & Grünberg in Wien-Alsergrund nun eine radikale Bearbeitung vorgelegt.
Es ist fulminanter, zeitgemäßer Boulevard, der hier mit großer Spielfreude und hohem Tempo auf die Mini-Bühne gestellt wird. Die Figuren sind so grell wie das pinke Plastik-Ambiente mit Noppenfolien-Überzug, das Bühnenbildnerin Kaja Dymnicki sich ausgedacht hat, der Witz ist manchmal herb, aber nie unter der Gürtellinie. Und die tiefsten Pointen (etwa der von Peter Pilz einst gerne zitierte Spruch über „Das Höschen aus Paris“) sind dem wirklichen Leben abgekupfert.
Es beginnt als Kasperltheater mit Menschen statt Puppen und endet mit einer bösen Schlusspointe, bei der die aktuelle Lage in Chemnitz sowie die „schöne braune Donau“ eine entscheidende Rolle spielen. Dazwischen wird gespielt und geschmiert, gerangelt und outriert, dass es eine Freude ist. Claudius von Stolzmann gerät als Klapproth, Chemnitzer auf Wien-Besuch, über das, was ihm beim „internationalen Gesellschaftsabend“ so geboten wird, ganz aus dem Häuschen.
Da gibt es einen vielfach preisgekrönten Auslandskorrespondenten mit ausgeprägter Leidenschaft für Selbstlob und Löwenjagd (David Oberkogler hat immer eine „kritische, unabhängige Frage“ parat), einen aus dem Dienst entlassenen, ständig auszuckenden Ex-Major (Thomas Weissengruber mit reichem Repertoire unkontrollierter Gestik), einen logopädisch herausgeforderten Jungschauspieler mit Aversion gegen Leistungsdruck (Benjamin Vanjek gibt sich sehr anlehnungsbedürftig), einen Jungunternehmer mit schimmel-resistenter Geschäftsidee (Dominic Marcus Singer), eine feministische Postdramatikerin (Gioia Osthoff) und eine energische Pensionswirtin (Martina Daehne), die mit ihren Kulturinitiativen das Ende der Demokratie aufhalten wird - vorausgesetzt, die Subventionen bleiben nicht aus. Der ganz normale Wahnsinn eben.
Zu Beginn seiner dritten Saison zeigt sich Bronski & Grünberg nicht mehr als Geheimtipp, sondern als hervorragende Adresse für Unterhaltung mit Biss, Witz und Anspruch. Wäre doch gelacht, wenn das kein Erfolg wird.
(S E R V I C E - „Pension Schöller“ von Wilhelm Jacoby und Carl Laufs, Regie: Fabian Alder, Bühne: Kaja Dymnicki, Kostüm: Julia Edtmeier, Bronski & Grünberg, Wien 9, Müllnergasse 2, Weitere Termine: 5., 12., 13., 14., 17., 21. Dezember, 4., 7., 9. und 22. Jänner 2019, www.bronski-gruenberg.at)
(B I L D A V I S O – Pressebilder stehen unter https://release.at/bronski-gruenberg/pension-schoeller/ zum Download bereit.)