OMV-Chef Seele: Chancen von Erdgas-Mobilität zu wenig erkannt
Wien (APA) - Die OMV will künftig noch viel stärker als bisher auf Erdgas setzen. Nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch im Si...
Wien (APA) - Die OMV will künftig noch viel stärker als bisher auf Erdgas setzen. Nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch im Sinne des Umweltschutzes sei Gas „der Energieträger der Zukunft“, sagte OMV-Chef Seele am Donnerstag in Wien bei der Präsentation seiner „Nachhaltigkeitsstrategie 2025“. Gas habe „riesiges Potenzial“ sowohl bei der Stromerzeugung als auch bei der Mobilität.
Bei der Stromerzeugung könne man durch eine Umstellung von Kohlekapazitäten auf erdgasbasierte Stromerzeugung die Hälfte der Emissionen einsparen, sagte der OMV-Chef. Die spezifischen CO2-Emissionen seien bei Holzheizungen noch höher als bei Kohle. „Wir sollten lieber die Bäume wachsen lassen statt sie abzuholzen.“
Im Transportbereich „haben wir als Industrie die Chancen, die aus der Erdgasmobilität resultieren, zu wenig erkannt“. Im Vergleich zu einem Benziner oder Diesel bedeute ein Erdgasfahrzeug immerhin 20 Prozent CO2-Einsparung. „Die Infrastruktur ist schon weitestgehend vorhanden, wir haben in Österreich etwa 160 CNG-Tankstellen, ein Drittel davon können Sie bei meinen OMV-Tankstellen finden.“ Die OMV werde sich auch in Gesprächen mit der Autoindustrie wesentlich stärker für die Erdgas-Mobilität einsetzen. Es dürfe nicht nur in Richtung E-Mobilität gehen. Beim CO2-Thema delegiere man das Problem von der Autoindustrie zur Stromerzeugung. „Wenn die Stromindustrie den Elektromotor mit einem Kohlekraftwerk speist, dann hat man nicht einen Elektromotor, sondern einen Kohlemotor.“
Die OMV werde daher bis 2025 ihre Produktion vor allem in Richtung Erdgas stark ausbauen, erklärte Seele. „Das Projekt Neptun in Rumänien ist 100 Prozent Erdgas. Unser Projekt Achimov IV/V in Russland ist 70 Prozent Erdgas. Unser Projekt in Norwegen, das noch bis Ende des Jahres in Produktion gehen soll - Aasta Hansteen - ist 100 Prozent Erdgas. Unser Projekt in Tunesien, Nawara, das nächstes Jahr in Produktion gehen wird, ist Erdgas. Unsere Produktion in Malaysia - bis zu 90 Prozent Erdgas.“ Die Gasverkäufe in Europa wolle man im Zeitraum 2017 bis 2025 von 11 Mrd. auf gute 20 Mrd. Kubikmeter verdoppeln.
Im Ölbereich verfolge man eine strategische Ausrichtung in Richtung Chemie. Die OMV werde ihre Petrochemie-Kapazitäten bis zum Jahr 2025 am Standort Europa um 14 Prozent ausbauen. Erste Investitionen sollen in die Expansion der Cracker-Anlagen in Burghausen an der deutsch-österreichischen Grenze fließen. Längerfristig soll die Petrochemie auch außerhalb Europas stärker in den Fokus rücken. „Wir können das Klima ja nicht alleine in Österreich retten.“ Grundsätzlich will Seele künftig Erdöl „weniger verbrennen und mehr veredeln“, Öl solle als wertvoller Rohstoff angesehen und zu hochwertigen Kunststoff- und Chemieprodukten verarbeitet werden.
In ihrer gesamten Geschäftstätigkeit will die OMV ihre CO2-Emissionen um 19 Prozent senken. Insgesamt hat die „Nachhaltigkeitsstrategie 2025“ fünf Schwerpunkte - neben der CO2-Effizienz sind das die Bereiche „Gesundheit, Sicherheit und Umwelt“, „Innovation“, „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ sowie „Geschäftsgrundsätze und soziale Verantwortung“.
Beim Thema Gesundheit und Sicherheit geht es u.a. darum, die Arbeitsunfälle weiter zu reduzieren. Bei der Mitarbeiterentwicklung will man das Augenmerk auf eine „gute kulturelle Durchmischung“ legen und den Frauenanteil in der Führungsebene im genannten Zeitraum von derzeit 18 Prozent auf 25 Prozent erhöhen. „Wir wären als OMV deppert, wenn wir das Riesenpotenzial, das in den Frauen steckt, nicht stärker nutzen würden.“
Ein Innovationsprojekt ist die Verarbeitung von Plastikmüll zu synthetischem Rohöl. Das ReOil-Verfahren werde derzeit in einer Pilotanlage in Schwechat getestet, die pro Stunde 100 kg Plastikmüll zu 100 Litern Rohöl-Konzentrat verarbeiten kann. „Dieses synthetische Rohöl ist das süßeste Öl, das ich in meinem Leben gesehen habe“, erklärte Seele. So nenne man in der Branche Rohöl, das keinen Schwefel enthalte. Es würden also bei der Verarbeitung weder Schwefeloxide noch Stickoxide entstehen. Für eine wirtschaftliche Großanlage müsste man auf eine Jahresproduktion von 200.000 Tonnen kommen, schätzt Seele. Die technische Seite sei dabei weniger ein Problem, als die ausreichende Menge an Plastikmüll zu bekommen, „weil wir in ganz Europa nur in einigen wenigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch wirklich eine Mülltrennung haben, wie wir das hier in Österreich gewohnt sind“.
Für das ReOil-Verfahren und für das „Bioöl-Coprocessing“ habe die OMV in der Planung bis zum Jahr 2025 Investitionen in Höhe von 500 Mio. Euro vorgesehen, berichtete Seele. Beim Bioöl-Coprocessing gehe es um darum, biogenes Öl neben Rohöl zu verarbeiten, etwa Rapsöl oder „Altöl von irgendwelchen Frittenbuden“. Das Flaggschiff der Innovation bei der OMV sei aber die „Enhanced Oil Recovery“. Im Durchschnitt würden weltweit nur 40 Prozent der vorhandenen Ölreserven herausgeholt - durch spezielle Technologien wolle man die Entölungsrate nach oben treiben, die Zielvorgabe in Matzen (Bezirk Gänserndorf) liege bei 55 Prozent.
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