Surabischwili wird nach umkämpfter Wahl erste Präsidentin Georgiens
Tiflis (APA/AFP) - Bei der umkämpften Stichwahl um das Präsidentenamt in Georgien ist erstmals eine Frau an die Staatsspitze gewählt worden....
Tiflis (APA/AFP) - Bei der umkämpften Stichwahl um das Präsidentenamt in Georgien ist erstmals eine Frau an die Staatsspitze gewählt worden. Die von der Regierungspartei unterstützte Kandidatin Salome Surabischwili erhielt bei der Stichwahl zum Präsidentenamt knapp 60 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission am Donnerstag in Tiflis mitteilte.
Der unterlegene Oppositionskandidat Grigol Waschadse erklärte, er werde das Ergebnis nicht anerkennen. Er rief für Sonntag zu Protesten auf.
Die 66-jährige Wahlsiegerin Surabischwili sagte, das Ergebnis der Abstimmung vom Mittwoch bedeute einen Fortschritt für Frauen und eine weitere Annäherung Georgiens an Europa. „Es ist jetzt wichtig zu zeigen, dass das Land Europa gewählt hat.“ Deshalb hätten die Bürger eine „europäische Frau“ an die Staatsspitze gewählt, sagte die frühere französische Diplomatin. „Es fühlt sich großartig an.“
Die Opposition dagegen will gegen das Resultat auf die Straße gehen. „Wir erkennen das Wahlergebnis nicht an und fordern vorgezogene Parlamentswahlen“, sagte Waschadse in vom Fernsehen übertragenen Äußerungen. Er kündigte für Sonntag eine „friedliche Großdemonstration“ in Tiflis an. Er war für eine Elf-Parteien-Allianz unter Führung des exilierten Ex-Präsidenten Michail Saakaschwili angetreten.
Die Opposition hatte bereits vor Bekanntgabe des offiziellen Ergebnisses von Wahlbetrug gesprochen und die Bevölkerung zu Protesten aufgerufen. Bei der Abstimmung sei es zu „massenhaftem Wahlbetrug“ gekommen, erklärte Saakaschwili. Er rief seine Anhänger auf, „friedliche Massenkundgebungen zu starten und Neuwahlen zu fordern“. Die Georgier müssten „Freiheit, Demokratie und das Gesetz verteidigen“.
Die unabhängigen Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierten Mängel im Wahlkampf. Zwar sei der Wettbewerb der Kandidaten gewährleistet gewesen, erklärte die Organisation am Donnerstag in Tiflis. Im Wahlkampf sei aber ein Missbrauch staatlicher Ressourcen festgestellt worden, welcher der Regierungskandidatin zu einem „unangemessenen Vorteil“ verholfen habe.
Die frühere Sowjetrepublik Georgien strebt die Mitgliedschaft in Nato und EU an. Die Präsidentschaftswahl wurde auch als Gradmesser für die demokratische Reife des Landes gewertet.
Wahlsiegerin Surabischwili hat eine ungewöhnliche Biografie: Sie ist die Tochter von Georgiern, die 1921 wegen der sowjetischen Besatzung nach Paris geflohen waren. Sie arbeitete als Diplomatin für den französischen Auswärtigen Dienst und vertrat Frankreich ab 2003 als Botschafterin in Tiflis.
Der damalige Präsident Saakaschwili holte sie in die georgische Politik und machte sie zur Außenministerin. Allerdings kam es schnell zum Zerwürfnis, Surabischwili wurde zu einer scharfen Kritikerin von Saakaschwili.
Es war das letzte Mal, dass das Präsidentenamt in Georgien per Direktwahl vergeben wurde. Nach dem Amtsantritt der Wahlsiegerin tritt eine Verfassungsänderung in Kraft, die den Posten auf repräsentative Aufgaben beschränkt. Amtsinhaber Giorgi Margwelaschwili hatte sich deshalb nicht erneut zur Wahl gestellt.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte der von der Regierungspartei Georgischer Traum unterstützten Surabischwili zu deren Wahlsieg „nach einem harten Wahlkampf“. Er sei „überzeugt“, dass Georgien unter ihrer Präsidentschaft „seine demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung erfolgreich fortsetzen“ werde. Auch Frankreich gratulierte: „Die neue Präsidentin wird auf unsere Entschlossenheit zählen können, weiter für die Souveränität und territoriale Integrität Georgiens in seinen international anerkannten Grenzen einzutreten“, erklärte das französische Außenministerium.
Das Oppositionsbündnis Vereinte Nationale Bewegung hatte der Regierung bereits vor der Stichwahl Wählereinschüchterung vorgeworfen. Surabischwili erklärte ihrerseits, sie und ihre Kinder hätten Morddrohungen erhalten. Menschenrechtsgruppen warfen der Regierung den Kauf von Stimmen in einem „nie dagewesenen“ Ausmaß vor. Die georgische Generalstaatsanwaltschaft erklärte, sie prüfe die Vorwürfe.